Karl Max Kessler Archiv startet künstlerisches Residenzprogramm im Kleinwalsertal

Im Jahre 1907 gründete der Fotograf Karl Max Kessler ein Fotostudio und -labor im österreichischen Kleinwalsertal. Bis in die 1960-Jahre dokumentierte er die Schönheit der Berge und ihre EinwohnerInnen. Im Laufe der Jahre wuchs sein Fotobestand auf fast 10'000 Negative an. Kessler beschloss, mit diesen Bildern Postkarten zu produzieren, die in weiterer Folge über den ganzen Kontinent verschickt wurden und das Kleinwalsertal als beliebten Ort für Wintertourismus etablierten. Um dieses kulturhistorisch bedeutende Erbe zu erhalten, hat der Künstler Matthias Kessler, der Enkel des Fotografen, das Karl Max Kessler Archiv gegründet. Er und sein Team werden noch an die fünf Jahre damit beschäftigt sein, die Glasnegative zu restaurieren und und zu scannen.

In diesem Zusammenhang hat das Karl Max Kessler Archiv nun auch ein künstlerisches Residenzprogramm im Kleinwalsertal gestartet. Als erster Artist in Residence setzt sich der international renommierte Fotograf und Autor Arno Giesinger mit dem historischen Foto-Bestand des Archivs auseinandersetzen, um einen zeitgenössischen Bezug herzustellen. Im Oktober 2023 sollen die Ergebnisse der künstlerischen Arbeit dann der Öffentlichkeit präsentiert werden.

"Wenn die Erinnerung stirbt, dann verschwindet auch ein Stück Geschichte und Kultur", erklärt Mathias Kessler.
Mit diesem Grundsatz fasste er nach seiner Rückkehr aus New York den Entschluss, das fotografische Werk seines Großvaters wiederzubeleben. Seitdem werden über 10'000 Negative, in erster Linie aus den Jahren zwischen 1907 und 1960, gesichtet, sorgfältig restauriert und digitalisiert. Kessler sah sofort das Potenzial der Aufnahmen, die Landschaft und Natur, Bewohner:innen und Traditionen sowie die Entwicklung des Tourismus im Kleinwalsertal zeigen. Damit das Archiv aber nicht nur einen Blick in die Vergangenheit gewährt, sondern auch seine Bedeutung für die Gegenwart und Zukunft entfalten kann, hat das Karl Max Kessler Archiv ein künstlerisches Residenzprogramm ins Leben gerufen.

Das Residenzprogramm plant jedes Jahr, eine/n Künstler:in zu einem zweiwöchigen Aufenthalt ins Kleinwalsertal einzuladen, um sich mit dem historischen Material des Archivs sowie der Landschaft und Kultur des Tals heute auseinanderzusetzen. Im darauffolgenden Herbst wird es jeweils eine Präsentation geben, bei dem die zeitgenössische Perspektive und die Ergebnisse der künstlerischen Arbeit vorgestellt werden. Den Auftakt des Residenzprogramms macht in diesem Sommer Arno Gisinger.

Charakteristisch für Gisingers Werk ist seine dualistische Herangehensweise an Kunst und Kultur. "Geprägt durch seine Ausbildung arbeitet Arno Gisinger nicht nur mit dem Medium der Fotografie, er versucht diese auch immer mit einem historischen Moment zu verbinden. Das macht ihn zum idealen ersten Künstler-Resident für uns, denn genau diese Verbindung von Fotografie und Geschichte möchten wir mit dem Karl Max Kessler Archiv stärken", betont Mathias Kessler.

Über das Karl Max Kessler Archiv

Mathias Kessler verbindet mit seinem Großvater Karl Max Kessler die Leidenschaft für Fotografie. Auch Karl Max Kessler fertigte Bilder von der Natur, insbesondere der Berglandschaft, an.

Als Mathias Kessler nach fast 25 Jahren künstlerischer Tätigkeit in New York während der Corona-Pandemie ins Kleinwalsertal zurückkehrte, entdeckte er die Landschaft seiner Heimat nochmals auf eine grundlegend neue Weise. Dies veranlasst ihn, sich mit seiner eigenen Vergangenheit und der seines Großvaters zu beschäftigen. Bei genauerer Untersuchung der Negative erkannte Kessler eine gewisse Ähnlichkeit zwischen dem Wandel der erfahrbaren Landschaft während des Lockdowns und jenem Wandel, der sich im 20. Jahrhundert ereignete. 2021 gründete er einen Verein, um eine sachgemäße Restaurierung und Erhalt der kulturell wertvollen Hinterlassenschaft seines Großvaters sicherzustellen. Durch das künstlerische Residenzprogramm soll das Archiv eine Verbindung zwischen den Bildern als Medium, dem Dargestellten der Vergangenheit und der Gegenwart herstellen und so einen Beitrag zum gesellschaftlichen Diskurs leisten.

Über Arno Gisinger

Ursprünglich stammt Gisinger aus Götzis in Vorarlberg. Er studierte Fotografie an der Ecole Nationale Supérieure de la Photographie in Arles (Frankreich) sowie Geschichte und Germanistik an der Universität Innsbruck. Seit 2005 lebt und arbeitet er als Künstler, Kurator und Hochschullehrer in Paris. Zu seinem Werk zählen zahlreiche Ausstellungen in Europa und darüber hinaus sowie Bücher und Fachpublikationen über Fotografie und Kunst.

Weitere Informationen über das Karl Max Kessler Archiv: www.fotokessler.org