Karl Bickels Plakatkunst

1. September 2011
26.06.2011 bis  04.09.2011
Bildteil

Wie sahen Plakate vor hundert Jahren aus? Wofür warben sie damals, in einer Gesellschaft, die noch nicht vom Wohlstand geprägt und so konsumorientiert war wie heute? Einen guten Eindruck davon bekommt man im museumbickel Walenstadt vom 26. Juni bis 4. September. Der Maler, Bildhauer, Markenstecher und Grafiker Karl Bickel hat in den Jahren zwischen 1913 und 1943 über vierzig Grossplakate gestaltet. Dass in der Ausstellung zudem Malerei und Zeichnungen zu sehen sind, ist naheliegend, denn auch die Plakate, einschliesslich der Schriften wurden gemalt. Drucktechnisch handelt es sich fast ausnahmslos um mehrfarbige Lithografien; Diesem Verfahren verdanken die damaligen Plakate ihre satten, intensiven Farben. So waren Plakatgestaltung und künstlerische Entwicklung eng verbunden. Viele bildende Künstler schufen grafische Werke von hoher Qualität, wobei Ferdinand Hodler für Karl Bickel ein besonders wichtiges Vorbild war.

Als Karl Bickel seine ersten Plakate gestaltete, hatte das Künstlerplakat noch keine lange Tradition. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts hingen überwiegend reine Schriftplakate an den Plakatwänden und Hausmauern, vor allem um kulturelle Anlässe anzukündigen. Ein wichtiger Schritt zum illustrierten Plakat war die Entwicklung neuer Drucktechniken, insbesondere der Lithografie, welche den Künstlern erlaubte, ihre Entwürfe selbst auf die Druckplatten zu übertragen. Der Ursprung des mit farbigen Darstellungen werbenden Plakats liegt in Paris. Indem zahlreiche Maler das neue Medium entdeckten, wurde das Künstlerplakat sogar als eigenständiger Kunstzweig betrachtet. In den anspruchsvollen Gestaltungen spiegeln sich auch die damaligen Kunstströmungen wie der Jugendstil oder die Faszination für den japanischen Holzschnitt, der einige wichtige Elemente der Plakatgestaltung enthält: unter anderem die Reduktion auf die wichtigsten Informationen, betonte Konturen, flächiger Farbauftrag. Bald wurden auch die Anforderungen formuliert, die ein gutes Plakat zu erfüllen hat. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts wurde der kommerzielle Aspekt immer wichtiger, und der Beruf des Werbegrafikers entstand.

In der Schweiz kamen die ersten Plakataufträge aus dem Fremdenverkehr, der mit dem Ausbau des Schienennetzes aufgekommen war. So sind touristische Motive auch bei Karl Bickel oft zu sehen. Er arbeitete aber auch für kulturelle Anlässe und für die Produktwerbung, welche damals mit dem Auftauchen von Markenartikeln an Bedeutung gewann. Bickels Plakatschaffen profitierte vom Aufschwung, den das Schweizer Plakat damals erfuhr, während in Deutschland durch den Ersten Weltkrieg die Plakatproduktion beinahe zum Stillstand kam.

Von 1908 bis 1924 führte Bickel in Zürich seinen eigenen Betrieb "K. Bickel, Atelier für erstklassige Reklame", den er im Alter von 22 Jahren eröffnete. In dieser Zeit war er als Illustrator tätig und gestaltete Modekataloge, Einladungskarten, Veranstaltungsprogramme, Visitenkarten und eben Plakate, wobei er vor allem in den ersten Jahren stark vom Jugendstil beeinflusst war. Das Ornamentale liess er jedoch bald hinter sich und gelangte zu einer flächigen Farbgestaltung und vereinfachten Formen. Dabei gelang ihm die Reduktion auf aussagekräftige Elemente genauso wie die Wirkung auf Distanz. Parallel zu seiner Entwicklung als Maler erscheinen auch in den Plakaten monumentale, abstrahierende Formen. In ihrer Einfachheit würden einige dieser Affichen auch unseren reizgeplagten Augen noch auffallen und unsere Aufmerksamkeit auf sich ziehen.

Für die Plakate gilt genauso, was Karl Bickel als Motivation für seine Tätigkeit als Markenstecher genannt hat: "Ich steche, um kollektiv zu wirken. Jedermann kann sich meine Kupferstiche kaufen." Mit den Plakaten war seine Kunst in den Strassen zu sehen statt in Galerien oder Museen. Nun landen sie schliesslich doch an den Museumswänden und erzählen Einiges aus der Kulturgeschichte: Sie sind ein Ausschnitt aus der Geschichte der Werbung und zeigen Grafikern etwas von den Anfängen ihres Berufs; Man sieht aber auch, welche Produkte damals neu und Aufsehen erregend waren, wie die Mode aussah und welche touristischen Angebote die Sehnsüchte der Menschen erfüllten.
Guido Baumgartner / Judith Annaheim

Karl Bickels Plakatkunst
26. Juni bis 4. September 2011

museumbickel
Zettlereistrasse 9
CH 8880 Walenstadt

Öffnungszeiten:
Freitag 17 - 20 Uhr
Sa und So 14 - 17 Uhr