Jüdische Dinge im Museum

Die Ausstellung "Von Dreideln, Mazzes und Beschneidungsmessern. Jüdische Dinge im Museum" führt nach einem Pilotprojekt 2010 zu historischen Schreibwerkzeugen die Ausstellungsreihe "Objekte Im Fokus" des Österreichischen Museums für Volkskunde fort. Präsentiert werden Objekte und Sammlungen aus den Depots des Museums. Kuratorinnen und Kuratoren bearbeiten Teile der Sammlungen neu und entwickeln unterschiedliche Positionen auf das museale Universum der Dinge.

"Jüdische Dinge" oder "Judaica" sind nicht nur in Jüdischen Museen zu finden. Auch das Österreichische Museum für Volkskunde beherbergt eine solche Sammlung, die bis 1938 in den Schauräumen des Museums ausgestellt war. Nach dem "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich wurde sie abgeräumt, magaziniert und vergessen. Heute, 73 Jahre nach der Schoa, wurden 20 Objekte aus dieser Sammlung durch Studentinnen und Studenten eines Seminars am Institut für Europäische Ethnologie bearbeitet und nach ihren kulturellen und historischen Kontexten befragt.

Ergebnis ist eine Ausstellung, die von Birgit Johler und Barbara Staudinger gemeinsam mit Studierenden konzipiert wurde und die sich auch mit den Sammlungsgeschichten und der musealen Praxis auseinandersetzt. Die "Jüdischen Dinge" sind Dinge ohne Erinnerung. Sie stammen aus einer anderen Zeit, vielfach gibt es nur spärliche Informationen im Inventarbuch. Trotzdem sind sie Informationsträger: Sie wurden nach ihren Geschichten und Kontexten befragt und dabei vergangene und gegenwärtige Stereotype, Vorurteile und Zuschreibungen hinterfragt.

Da gibt es etwa eine Keramik, die 1950 als "Alter Jude" inventarisiert wurde. Doch ist es wirklich eine stereotype Darstellung eines Juden oder sind es vielmehr unsere Vorurteile bzw. jene der Person, die sie mit dieser Bezeichnung in das Museumsinventar aufgenommen hat, die die Keramik zum "Alten Juden" machen? Oder eine Mesusa, die von einem Wehrmachtssoldaten aus Russland "mitgenommen" und von diesem später dem Museum geschenkt wurde. Hat er sich eine "Trophäe" ausgesucht? Was geschah mit den Menschen, an deren Türpfosten die Mesusa hing?

Ergebnis ist eine Ausstellung mit Werkstattcharakter. Auf einem Tisch sind die Objekte für die Besucher/-innen scheinbar ungeordnet präsentiert. Tatsächlich stehen sie nach Inventarnummern bzw. Eingangsdatum geordnet und ergeben dadurch eine gewollte Zufälligkeit. Denn die Ausstellung will keine Ausstellung zu den jüdischen Festen sein, im Rahmen derer viele der ausgestellten Ritualgegenstände verwendet wurden. Vielmehr präsentiert sie eine bestehende Sammlung "jüdischer Dinge", deren Geschichten, kleine Ausschnitte jüdischer Lebenswelten, es zu erzählen gilt.

Von Dreideln, Mazzes und Beschneidungsmessern
Jüdische Dinge im Museum
22. Juni bis 16. Oktober 2011