I’m afraid I must ask you to leave

Julian Charrière und Julius von Bismarck, zwei Ausnahmekünstler unserer Zeit, vereint eine besondere Herangehensweise an das Kunstschaffen: mit Forschungsreisen und quasi-naturwissenschaftlichen Experimenten nähern sie sich dem Thema ihres Interesses, um ihren eigenen Hypothesen dazu schließlich in Skulptur, Video oder Fotografie Ausdruck zu geben.

Beide arbeiten intensiv an ihrem jeweils eigenen, individuellen künstlerischen Oeuvre, und beide haben, auch in Anbetracht ihrer Jugend, bereits ein großes Werk und eine große Anzahl an Ausstellungen und Auszeichnungen vorzuweisen. Seit sich Charrière und von Bismarck bei ihrem Studium bei Olafur Eliasson an der Universität der Künste in Berlin kennen lernten, teilen sie sich ein Atelier, sind beste Freunde. Für ausgewählte Projekte finden sie sich auch in ihrem Kunstschaffen zusammen und arbeiten gemeinsam an Projekten, bei denen ihr ähnlicher Ansatz, aber auch ihre ganz individuellen Blicke sie noch weiterbringen können. Wenn beide Künstler zusammenarbeiten, entstehen Werke, die gleichermaßen wissenschaftlich, sinnlich, kurios, auratisch, gelehrt, humorvoll und – im allerbesten Sinne – größenwahnsinnig sind. Im Kunstpalais soll im Jahr 2018 die erste Ausstellung in Deutschland stattfinden, die ihr gemeinsames Oeuvre vorstellt.

Julian Charrière (*1987 in Morges, Schweiz) ist fasziniert von Geologie und Archäologie. Diese versteht er jedoch nicht rückwärtsgewandt: mit seinen Arbeiten analysiert er die Gegenwart – und taucht dafür tief in die Erde ein. So hat er für seine große Installation auf der Venedig Biennale 2017 aus der bolivianischen Salzwüste Salar de Uyuni Sedimente extrahiert und damit eine Salzsäulen-Landschaft gebaut. Mit diesen Grabungen in der Salzwüste nimmt Charrière Grabungen am selben Ort weit größeren Ausmaßes vorweg, denn die Salzwüste ist zugleich das weltweit größte Lithium-Lager. Und Lithium wird mehr und mehr zum wichtigsten Rohstoff der digitalen Welt. So sind Charrières Future Fossil Spaces Zukunfts-Archäologien.

Julius von Bismarck (*1983 in Breisach am Rhein), bezeichnet sich selbst als Möchtegern-Physiker. Bewegung, vor allem im Kreis, kennzeichnet viele seiner Arbeiten. So hat er etwa für die Art Basel Unlimited 2015 ein Egocentric System geschaffen: Auf einer parabolförmigen Drehscheibe richtete er sich mit Matratze, Schreibtisch, Laptop und Essen ein und verbrachte die gesamte Laufzeit der Messe auf diesem Raum in ständiger Bewegung unter dem Einfluss von Gravitation und Zentrifugalkraft. Mit anderen Arbeiten, etwa dem Video Irma über den Hurrikan in Florida, thematisiert er unseren Umgang mit der Natur und dem Klimawandel. Als Künstler sieht sich von Bismarck in der gesellschaftlichen Verantwortung, das Bewusstsein für aktuelle Themen und Probleme zu schärfen. In seiner Werkserie "Punishment" tat er das beispielsweise, indem er sagenhafte Orte – wie unter anderem die Alpen – höchstpersönlich auspeitschte.

Bei aller Unterschiedlichkeit und Eigenständigkeit der Arbeiten von Charrière und von Bismarck vereint sie der Anspruch, mit ihrer Kunst eine intensive Reflexion über unser Verhältnis zur Natur und unseren Platz in der Gesellschaft anzustoßen.

Die Ausstellung im Kunstpalais bringt nicht nur die bisherigen gemeinsamen Arbeiten der beiden Künstler zum ersten Mal an einem Ort zusammen. Zu dieser besonderen Gelegenheit und eigens für das Kunstpalais werden Charrière und von Bismarck auch ein ganz neues Werk schaffen. Die Entwicklung dieser Arbeit, die voraussichtlich mehrere Räume des Kunstpalais füllen wird, ist gerade schon in vollem Gange, kann aber an dieser Stelle leider noch nicht näher ausgeführt werden. Wie für ihr gemeinsames Oeuvre typisch, werden die beiden sich an einem extremen Ort (wie zuvor beispielsweise Wüste, Gebirge oder radioaktives Sperrgebiet) der Erforschung des Verhältnisses von Mensch und Natur widmen.


Julian Charrière und Julius von Bismarck:
I’m afraid I must ask you to leave
2. Dezember 2018 bis 4. Februar 2019
Eröffnung: Sa 1. Dezember 2018