Il Trittico – drei stimmige Kurzgeschichten an der Wiener Staatsoper

Eine melodramatische Eifersuchtstragödie, ein mystisches Erlösungsdrama und eine exaltierte Opera buffa – die Regisseurin Tatjana Gürbaca und Dirigent Philippe Jordan servieren in der Wiener Staatsoper ein intensives, verdichtetes, berührendes Triptychon, ganz im Dienste der Musik sowie der vorgegebenen, komplexen Dramaturgie und vielleicht sogar ganz im Sinne von Giacomo Puccini.

Für Philippe Jordan darf die Reihenfolge der drei eigenständigen Kurzopern auf keinen Fall verändert werden: "Puccini wusste, dass man mit der Tragödie anfangen muss und mit der Komödie enden", und Sour Angelica habe unbedingt in der Mitte zu stehen, genau so wie ein Madonnengemälde beim kirchlichen Triptychon. Jordan adressiert dies wohl an die Salzburger Festspiele, denn bei der umjubelten Produktion 2022 wurde nämlich genau alles umgestellt, um der wunderbaren Sängerin Asmik Grigorian zu huldigen (siehe Artikel Kultur Online).

"Il Trittico" ist ein Spätwerk Puccinis. Mit der Idee, drei inhaltlich und musikalisch voneinander unabhängige Stücke nebeneinander zu stellen, die sich im Zusammenspiel der Stimmungen – "drei Farben" – ergänzen sollen, befasste sich der Komponist jahrzehntelang (... bis zur New Yorker Uraufführung vergingen achtzehn Jahre!). Der Regisseurin Tatjana Gürbaca gelingt es hervorragend den sinnvollen Bogen zu spannen. Für sie handeln alle drei Einakter "von Strukturen, in denen man feststeckt und aus denen man nicht herauskommt".

Giorgettas Satz im ersten Teil – Il Tabarro / Der Mantel – "Wie schwer es ist, glücklich zu sein!" bleibt in Fragmenten als Leucht-Blockbuchstaben das reduzierte Bühnenbild. Das ist stark, für die umtriebigen Szenen mit Taglöhnern, die auf Schleppkähnen am Seine-Ufer schuften. Doch genau diese Reduktion intensiviert das Musikerleben und die tragische Hoffnungslosigkeit von Michele mit Giorgetta, dem durch schweres Schicksal verbundenen Ehepaar, und dem abgerackerten Liebhaber Luigi ("Hai ben ragione, meglio non pensare"). "Vor allem im 'Tabarro' findet so viel zwischen den Figuren statt. Die Feinheit, die so entsteht, verlangt nach einem Raum, der diese ganz intimen feinen Gesten, Details, Blicke extrem herausstellt und nach vorne bringt", bemerkt die Regisseurin, und weiter: "die Bühnen von Henrik Ahr haben immer das Potenzial zu Seelenräumen oder zu einer Metapher zu werden".

In "Suor Angelica" bleibt nur noch das Wort "SEIN" stehen. Hinter den Klostermauern herrscht viel Leid, aber auch eine seltsame Schwesternschaft in diesem Ein- und Ausgeschlossen-sein, denn jede Nonne trägt ihre Bürde, Sour Angelica hält die Erinnerung an ihren Sohn aufrecht. Vom ersten Takt an taucht man in eine religiöse Sphäre, doch für den Dirigenten darf die Musik nicht nur "schön" sein, die Glocken am Beginn hätten durchaus etwas Gespenstisches, und überhaupt: "Man muss die Oper einfach geschehen lassen, der Musik den Raum geben und darauf vertrauen, dass sie von selbst schwingt – und man darf ja nicht sentimental werden!", so Philippe Jordan.

Das Schaukelmotiv im 12/8-Takt des Wassers der Seine am Anfang in "Tabarro" wird in der dritten Kurzoper wieder erkennbar, beim heuchlerischen Klagen der Verwandten um den verblichenen vermeintlichen Erblasser. "Gianni Schicchi" ist eigentlich die einzige komische Oper Puccinis und zeugt von besonderem Sinn für Situationskomik, "... wie Puccini die menschliche Verlogenheit beispielhaft darstellt, wie er gleich zu Beginn musikalisch die Seufzer-Motive erklingen lässt, und wie alles, was danach geschieht, übertrieben und wahnsinnig geheuchelt wird – das macht die Oper unglaublich komisch!", so der Dirigent. Tatjana Gürbaca nimmt den Spielball exaltiert auf: knallbunt, in Karnevalskostümen, die die Charaktere der Erbschleicher-Figuren persiflieren, sind alle ständig präsent und in Bewegung. Und mitten drin ertönt die berühmte Arie der Lauretta "O mio babbino caro", die damit ihren Vater Gianni Schicchi zur List mit der Testamentsfälschung überreden kann.

Il Trittico
Drei Opern in je einem Akt von Giacomo Puccini
Il tabarro | Suor Angelica | Gianni Schicchi

Musikalische Leitung: Philippe Jordan
Inszenierung: Tatjana Gürbaca
Bühne: Henrik Ahr
Kostüme: Silke Willrett
Licht: Stefan Bolliger
Dramaturgie: Nikolaus Stenitzer

Il Tabarro
Michele: Leonardo Neiva
Giorgetta: Anja Kampe
Luigi: Joshua Guerrero

Suor Angelica
Schwester Angelica: Eleonora Buratto
Fürstin: Michaela Schuster
Äbtissin: Monika Bohinec

Gianni Schicchi
Gianni Schicchi: Ambrogio Maestri
Lauretta: Serena Sáenz
Zita: Michaela Schuster

Orchester und Chor der Wiener Staatsoper