IFFI 2010: Filmträume aus aller Welt in Innsbruck

Unter dem Motto "Träumen mit offenen Augen" zeigt das 19. Internationale Film Festival Innsbruck vom 1. bis. 6. Juni 2010 rund 80 Filme aus über dreißig Ländern. Neben dem Internationalen Wettbewerb um den "Filmpreis des Landes Tirol" sticht vor allem ein Balkan-Schwerpunkt und eine Retrospektive des Argentiniers Fernando Birri aus dem Programm heraus.

Eröffnet wird das 19. Internationale Film Festival Innsbruck mit Goran Paskaljevics "Honeymoons", der gleichzeitig auch den Auftakt des Balkan-Schwerpunkts "Going East" macht. Paskaljevic erzählt darin von einem serbischen und einem albanischen Paar, die auf der Suche nach einem besseren Leben ihre Heimat verlassen, deren Träume sich aber rasch in Albträume verwandeln.

Im Balkan-Schwerpunkt werden in Innsbruck aber nicht nur aktuelle Filme gezeigt, sondern beispielsweise auch "Der Blick des Odysseus", in dem Theo Angelopoulos die Recherchen eines von Harvey Keitel gespielten Filmregisseurs als Anlass nimmt, um in verschachtelter Erzählstruktur ein großes Panorama der wechselhaften Geschichte des Balkans im 20. Jahrhundert zu entwerfen. Zu den aktuellen Filmen in dieser Programmsektion gehören dagegen der im Dokumentarstil gedrehte "The Old School of Capitalism". Želimir Žilnik schildert in dieser mit Laiendarstellern und improvisierten Dialogen gedrehten Polit-Groteske Massenproteste von Belgrader Arbeitern und zeigt Serbien als Pulverfass, Jamila Zbanics dichtes Beziehungs- und Gesellschaftsdrama "Na Putu - On the Path".

Im Wettbewerb um den mit 5000 Euro dotierten "Filmpreis des Landes Tirol" konkurrieren heuer sechs Filme, über die eine aus Marie Miyayama, Friedrich Engelhardt und Kurt Lanthaler bestehende Jury urteilen wird. Der in der Schweiz lebende Algerier Mohammed Soudani erzählt in "Taxiphone – El Mektoub" von einem Schweizer Paar, das die Sahara durchqueren möchte. Aufgrund einer Panne ihres Jeeps müssen sie in einer algerischen Oase einen Zwischenstopp einlegen, bei dem sich verschiedene Begegnungen ergeben. Wie Soudani war auch schon der Inder Shaji N. Karun mehrfach Gast in Innsbruck. Heuer ist letzterer mit seinem Film "Kutty Shrank – Sailor of Hearts" im Wettbewerb vertreten.

In das Uruguay der 60er Jahre entführt Béatriz Flores Silva, die in "Masángeles" von einem unehelichen Kind erzählt, das nach dem Tod seiner Mutter vom Vater, der Politiker ist, aufgenommen wird und so in eine ganz andere Welt kommt. Für ein zumindest geographisch bunt gemischtes Programm sorgen auch die weiteren Wettbewerbsfilme, die aus Südkorea ("Moon Palace 69"), Argentinien ("La mosca en la ceniza") und Tadschikistan ("True Noon") kommen.

Im Rennen um den Dokumentarfilmpreis sind fünf Filme. Der Österreicher Fridolin Schönwiese beschäftigt sich nach dem Mexiko-Österreich-Blickwechselfilm "Volver la vista" in "Die fünf Himmelsrichtungen" mit mexikanischen Gastarbeiterinnen auf der Suche nach einem besseren Leben in den USA, während Brigitte Weich und Karin Macher in "Hana, Dul, Sed …" nordkoreanische Ex-Fußballerinnen von ihren glorreichen Zeiten als Stars erzählen lassen.

Schwergewicht in dieser Sektion ist "Garapa", in dem der Berlinale-Sieger José Padilha ("Tropa de Elite") in schockierenden Bildern und Szenen dem Hunger in seiner Heimat Brasilien nachspürt. Andrew Lang begleitet dagegen in "Sons of Cuba" drei junge kubanische Boxer acht Monate lang bei ihrem Training und Locarno-Siegerin Guo Xiaolu ("She, A Chinese") zeigt in "Once Upon a Time a Proletarian" Menschen unterschiedlichster sozialer Klassen, die in der chinesischen Gesellschaft ums Überleben kämpfen.

Höchst Sehenswertes findet sich auch unter den Specials. Neben Fanny Bräunings vielschichtigem und bewegendem Dokumentarfilm über das Leben der Lakota-Indianer in einem Reservat in South Dakota ("No More Smoke Signals") läuft hier auch Bruno Molls erfrischende Doku über eine multikulturelle Berner Frauenfußballmannschaft ("Pizza Bethlehem") oder Mariana Chenillos warmherzige Tragikomödie "Cinco dias sin Nora".

Ein Höhepunkt des heurigen IFFI ist zweifellos die Retrospektive, die dem 1925 geborenen Argentinier Fernando Birri gewidmet ist. Birri, der in Kuba die "Filmschule der drei Welten" gegründet hat, gehört zu den Vätern des neuen lateinamerikanischen Kinos. Neben zwei Spielfilmen – darunter die Marquez-Verfilmung "Un senor muy viejo con unas alas enormes" ("Ein sehr alter Mann mit enormen Flügeln") – hat Birri mehrere Dokumentarfilme gedreht, in denen er sich mit der jeweiligen Situation und der Geschichte Lateinamerikas, im Speziellen mehrfach mit Che Guevara auseinandersetzte.

In Innsbruck werden Filme gezeigt werden, die Birri in seinem Buch "Soñar con los ojos abiertos" ("Träumen mit offenen Augen") vorgestellt hat. Entsprechend den drei Kapiteln des Buches werden dies eigene Filme Birris ebenso sein, wie solche des "Neuen lateinamerikanischen Kinos" wie Tomás Gutiérrez Aleas "Memorias del subdesarrollo" oder Ferndando Solanas´ "Tangos, el exilio de Gardel".