Ich will Horn!

4. Dezember 2013 Rosemarie Schmitt
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Als er vier war, sagte er zu seinen Eltern: "Ich will Horn!" In einer Talkshow erzählte Felix Klieser, daß seine Eltern ihn daraufhin fragten, was denn überhaupt ein Horn sei, denn bis dahin war Musik kein Thema in der Familie. Bis dahin, denn inzwischen ist Felix Klieser 22 Jahre und einer der weltbesten Hornisten. Er spielte bereits unter der Leitung von Sir Simon Rattle in der Berliner Philharmonie und mit Sting auf dessen Welttournee.

Nun hat er seine erste CD herausgebracht: "Reveries" (Berlin Classics – Vertrieb: EDEL). Gemeinsam mit dem Pianisten Christof Keymer präsentiert er romantische Stücke für Horn und Klavier, die der Hornist selbst auswählte.

Felix Klieser ist ein unglaublich sympathischer junger Mann, der sehr gut mit Worten umgehen kann. Doch noch mehr liebt er es, ohne sie auszukommen. Emotionen zu übertragen, ohne daß man darüber spricht, das sei ja gerade der Reiz am Musik machen, sagt er. Und daß er dies ausgezeichnet beherrscht, bewies er mir sehr eindrucksvoll.

Daß ich den Klang eines Horns nicht mag, sagte ich, jawohl, und selbst Johannes Brahms nannte dieses Instrument schließlich eine Blechbratsche! Was bin ich doch für ein Hornochse gewesen! Zu meiner Verteidigung möge jedoch gesagt sein, daß ich zuvor niemals Felix Klieser hörte, und nicht, wie dieser geniale Musiker etwa Rheinbergers Sonate oder Camille Saint-Saëns‘ Romanzen interpretiert. Sicher kannte ich das wohl bekannteste Werk, das je für Horn komponiert wurde, Schumanns Adagio und Allegro, doch so hörte ich es noch nie, so mochte ich es noch nie.

Robert Schumann bezeichnete das Horn als die Seele des Orchesters, und nun weiß ich, was genau dies bedeuten kann. Doch findet man die Seele nicht im Instrument, sondern in dem Musiker, der es spielt. Durch Felix Klieser erst, bekommt für mich das Horn eine Seele. Indes alleine mit dem Einsatz der Seele vermag kein Mensch ein Instrument derart virtuos zu spielen. Klieser überzeugt durch Technik und Virtuosität, einen hervorragenden Ansatz und enorme Musikalität.

"Reveries", Träumereien also, so wie auch das kleine Charakterstück für Horn und Klavier von Alexander Glasunow, lautet der Titel des Debütalbums von Felix Klieser. Russischer Musik fehle immer etwas an Hoffnung, es sei immer eine gewisse Tristesse vorhanden, die nie verschwände, sagte Klieser mit Worten in einem Interview. Wie er genau dies musikalisch mit seinem Horn zum Ausdruck bringt, ist mehr als wunderschön.

"Ich will Horn!" Wie wunderbar, daß die Eltern ihm diesen Wunsch erfüllten! Wenn er gesagt hätte, er wolle Handball spielen, wäre das vielleicht für seine Eltern eine größere Herausforderung gewesen, sagte der Musiker, denn Felix Klieser wurde ohne Arme geboren, er spielt das Horn mit den Füßen. Als ich seine CD hörte, seine Musik mich voll erwischte, wusste ich dies nicht. Ich setzte mich an den Computer um die Rezension zu schreiben, und folgte einem Link der Plattenfirma (www.youtube.com/berlinclassics) zu einem Interview mit Felix Klieser und Cristof Keymer. Diese Rezension war ich erst Stunden später in der Lage zu schreiben.

Herzlichst,
Ihre Rosemarie Schmitt