Ich seufzte mit

15. Mai 2013 Rosemarie Schmitt
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In meinem, in die Jahre gekommenen, Ullstein Lexikon der Musik steht geschrieben: Lied, alles Gesungene von nicht zu vielgestaltiger Form. (...) Seit 1770 erhielt es sorgsam ausgearbeitete Klavierbegleitungen. Damit entstand die neue Kunstform Lied. Sie trägt so typisch deutsche Merkmale, daß "Lied" als Fremdwort in andere Sprachen übernommen wurde. (...)

Nun wissen Sie schon recht genau, worum es heute geht. Noch etwas genauer gesagt, geht es um Lieder aus der Zeit des Johannes Chrysostomus Wolfgangus Theophilus Mozart, kurz genannt Wolfgang Amadeus Mozart (heute reicht Mozart, und ein jeder weiß, wer gemeint). Auch weiß ein jeder, daß jener am 27. Januar 1756 in Salzburg geboren ward und am 5. Dezember 1791 in Wien verstarb.

Um jene Zeit herum entstanden also diese Lieder, die uns der Tenor Markus Schäfer präsentiert, begleitet von Christine Schornsheim am Klavier. "... vom küsslichen Mund...", so der Titel der CD von Crystal Classics (Vertrieb: Q-rious Music, Köln). Und klar wie Kristall so sind sie auch, jene Lieder, die vom klaren Blick (eher Kloßbrühe als Kristall), vom meist ratlosen Manne und seiner rastlosen Liebe, der Sehnsucht, dem Wert und der Würde der Frauen, von glücklichen Fahrten und vielem mehr erzählen. Wenn ich Ihnen einen Rat geben darf, so sollten Sie die Texte nicht allzu nüchtern betrachten, "...denn auf der Lebensreise ist Wein das beste Pferd. (...)".

Dieser Text stammt von Louis von Reissig und ist eine Zeile aus dem Lied "Der Zufriedene" (Musik: Antonio Salieri). Ganz offensichtlich hatte Reissig also eine ganz besondere Vorliebe. Kennen Sie meine Geliebte? Also nicht meine Geliebte, sondern seine (Reissigs) Geliebte, die "Meine Geliebte" heißt? Hier eine Zeile daraus: "Kommt! Ihr sollt mein Liebchen kennen: ... Wollt Ihr auch verschwiegen sein. ... Nun so will ich es Euch nennen, seht, es ist mein ... Fläschchen Wein!" Die Musik zu jener Beichte stammt aus der Feder des Komponisten Johann Nepomuk Hummel.

Auf der CD werden Sie übrigens nicht ein einziges Lied von Wolfgang Amadeus Mozart selbst finden, der lediglich (denn für Mozart recht mager) 36 Lieder schrieb, und diese Gattung nicht im besonderen Maße prägte. Wohl aber ist ein Lied seines Sohnes Franz Xaver zu hören. Es lautet zwar "An Emma", doch hätte er gewiß nichts dagegen, wenn auch Sie daran Freude fänden.

Meine Lieblings-Textzeile aus dieser Lieder-Auswahl stammt aus der Feder des August Ernst von Steigentisch und lautet leise "... sie seufzte still – ich seufzte mit." Um seinen Worten den angemessenen Ausdruck zu verleihen, bediente sich von Steigentisch der Musik von Johann Wenzel Tomaschek. "Sie seufzte still – ich seufzte mit." Ach ja, August Ernst von Steigentisch war eben nicht nur ein Dichter und Schriftsteller, nein, er war darüber hinaus, oder darunter hinein auch ein Diplomat – und zwar ein blitzgescheiter! Ob er ab und an, aus Übermut und Heiterkeit, auf einen Tisch stieg ist mir nicht bekannt, doch ist es anzunehmen.

Jene Lieder wurden ganz offensichtlich aus Vergnügen komponiert. So eben mal nebenher, zwischen einer gerade fertiggestellten Oper, zur Aufheiterung während der Arbeit an einem Oratorium oder einer Kantate, als Ausgleich zu einer Messe oder einer "lästigen", oft mühseligen Auftragsarbeit. Doch nicht nur aus Vergnügen, sondern auch im Besonderem zum Vergnügen wurden solche Lieder geschrieben - zum damaligen und auch zum heutigen, vorausgesetzt, Sie haben etwas Humor und lassen die Texte in ihrer Zeit.

Das Vergnügen, das diese Aufnahme zweifellos bereitet, möchte ich gerne mit Ihnen teilen. Es liegt nicht nur an den Texten und der Musik, sondern ebenso sehr an der Interpretation des Tenors Markus Schäfer, der nicht nur perfekt den Ton, sondern auch den Nerv der Zeit trifft, als auch an dessen Begleiterin am Klavier, Christine Schornsheim, die auf musikalisch hohem Niveau die bewußte Einfachheit dieser Kompositionen wundervoll ausdrucksstark zu spielen vermag. Senden Sie mir bis zum kommenden Mittwoch die korrekte Antwort auf die folgende Frage (an: antwort@musikkolumne.de), und mit etwas Glück werden Sie ganz bald wissen, was ich meine.
In welchem Jahr wurde Franz Xaver Mozart geboren?

Herzlichst,
Ihre Rosemarie Schmitt