Habe fertig Großes Kotelette

25. Februar 2013 Kurt Bracharz
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In einem guten Restaurant in Süddeutschland las ich vor ein paar Tagen auf der Speisekarte "Bonito Fischsuppe (Bourride) mit Hummerravioli". Das klang merkwürdig, weil ich erstens noch nie von einer nach dieser kleinen Thunfischart benannten Suppe gehört hatte und zweitens eine provençalische Bourride gar keine Fischsuppe, sondern ein Fischgericht mit einer Sauce ist.

Serviert wurde auf diese Bestellung hin eine ganz klar erkennbare Hummersuppe. Ich fragte, ob dafür vielleicht Dashi, also japanische Bonito-Flocken, verwendet worden seien, und die Bedienung sagte, nein, aber Thunfisch für den Fond. Eine zufriedenstellende Erklärung für "Bonito Fischsuppe (Bourride)" war das nicht, diese Bezeichnung war einfach nur falsch.

Subtiler war ein ähnliches Problem ebenfalls vor kurzer Zeit mit einer "Fiorentina" in einem bayerischen Wirthaus, das eine toskanische Woche veranstaltete. Da waren auf der Karte alle Gerichte auf Italienisch und Deutsch angeführt, zum Beispiel "Involtini di vitello – gefüllte Kalbsröllchen mit Spinat". Das teuerste Gericht auf der Karte war so betextet: "Fiorentina (700 g) ab 2 Personen – Großes Kotelette (sic!) vom Rind dazu Kartoffelgratin mit Fenchel".

Diese "Fiorentina" heißt vollständig "Bistecca alla Fiorentina" und ist ein T-Bone Steak von einem Kalb der für die Toskana typischen Chianina-Rasse. Das mindestens 1200 Gramm schwere Steak wird nur kurz gegrillt, wenig gesalzen und ohne Beilagen verzehrt. Gerhard Wolfgang Sievers schreibt in "Rind & Co", Wien 2009: "Wegen der sehr puristischen Zubereitung spielt die Fleischqualität die entscheidende Rolle für den Geschmack. Gegart wird vorzugsweise über offenem Feuer, weil dies den feinen Geschmack des Fleisches besonders gut zur Geltung kommen lässt. (...) Eine bistecca wird im Ganzen serviert, dazu reicht man feines Meersalz, Olivenöl extravergine, eine Pfeffermühle und Zitronenschnitze. Wahre Kenner belassen es dabei, das Fleisch zart zu salzen. Bistecca alla Fiorentina wird fast ausschließlich al sangue (also blutig) genossen."

Die Bezeichnung "Fiorentina" ist nicht geschützt, und "Bistecca alla Fiorentina" heißt wörtlich "Beefsteak auf Florentiner Art", sagt also nichts Konkretes aus über die Rinderrasse. Deshalb darf man auch ein T-Bone Steak von einem deutschen Bio-Weideochsen als "Fiorentina" auf die Karte setzen, insbesondere dort, wo der Gast annehmen kann, dass es sich nicht um Fleisch vom Chianina-Rind handeln wird. Insofern hätte man also in einem bayerischen Wirtshaus an einer Bezeichnung "Bistecca alla Fiorentina" nicht viel aussetzen können, allerdings wäre "T-Bone Steak vom Allgäuer Weideochsen" die präzisere Angabe gewesen, die beim Gast keine Fragen offen gelassen hätte. Serviert wurde diese "Fiorentina" als Tagliata, also aufgeschnitten (siehe Foto), und eben mit Beilagen. Sie war auch eher medium als blue.

Was die Bistecca mit der Bourride zu tun hat? Nun, es gibt ein breites Spektrum von Fehlern auf Speisekarten, die recht unangenehm sein können, wenn sie dazu führen, dass man etwas ganz anderes bekommt, als man gewollt und deshalb bestellt hatte, und diese zwei Beispiele sind Eckpunkte: die Bourride als reiner Unsinn (eine Hummersuppe ist wirklich etwas ganz anderes), die Fiorentina nur als unklare Beschreibung des Gebotenen.