Guan Xiao in der Kunsthalle Winterthur

Guan Xiao (*1983, lebt und arbeitet in Peking) nutzt die beiden Räume der Kunsthalle für eine stark verdichtete Präsentation von zwei 3-Kanal-Videoprojektionen. Die Arbeiten werden mit jeweils einer Skulptur zu einem nahezu identischen Setting arrangiert, dank dramatisch unterschiedlichen Farb- und Lichteffekten erscheinen die beiden Räume allerdings als Antithese zum jeweils anderen. Die Überforderung des visuellen Wahrnehmungsapparates führt zu einer Art Flimmern, das auf szenografischer Ebene die inhaltliche Dimension der Arbeiten reflektiert.

Sowohl "Weather Forecast" (2016) als auch "Dengue, Dengue, Dengue" (2017) bestehen aus einer Fülle von Bildern, die eine assoziative und suggestive Collage bilden. Zentral ist die Vertonung: Sie arbeitet mit einlullenden Beats, mit Nachrichtentexten und neutral gesprochenen Informationen oder aber mit hypnotisierenden Denkanweisungen. Die Texte, die entweder gesprochen oder eingeblendet werden, bewegen sich inhaltlich zwischen Banalität und Weisheit, wobei die eindeutige Zuordnung nicht immer möglich ist: Müssen wir beispielsweise "How to connect a chair to Europe is like how to connect a horse to a copier" als anspruchsvolle Denkaufgabe verstehen oder aber als das genaue Gegenteil, nämlich ein Beispiel für intellektuelle Zeitverschwendung? Oder verbirgt sich im Statement "We must be, for which we must be free" eine philosophische Wahrheit oder doch nur sinnentleerte Doofheit?

Guan Xiao gelingt die meisterhafte Zeichnung einer Realität, die von der Beantwortung zu vieler, allenfalls unwichtiger Fragen geprägt wird und die sich darin verliert. Auf diesen Zustand scheint der Organismus von Mensch und Gesellschaft mit einer dauernden Erhöhung der Rechenleistung zu reagieren, wodurch wiederum die Betriebstemperatur steigt: Der Mensch und sein Leben auf der Erde ist im Zustand permanenter Überreizung, fiebrig bis hysterisch, einem Kollaps gefährlich nahe.


Guan Xiao – Individuality has completely vanished, only traces become memories that linger in the recesses of consciousness
2. September bis 21. Oktober 2018
Eröffnung: Sa 1. September 18, 17 Uhr