Giuseppe Penone im Kunstmuseum Winterthur

Giuseppe Penone, 1947 im ländlichen Piemont geboren, ist in den letzten Jahren zu einer der zentralen Figuren der europäischen Kunst geworden; er hat zahlreiche Museumsausstellungen erlebt, und seine Werke sind weltweit in wichtigen Sammlungen zu finden. Seit der Ausstellung von 1977 in Luzern wurde seine Arbeit in der Schweiz nicht mehr museal gezeigt. Die Winterthurer Ausstellung präsentiert eine vielfältige Auswahl von Werken seit den 1960er Jahren.

Giuseppe Penones Weg zur Kunst war sehr eigenwillig. Nicht an der Kunstakademie, sondern in den Wäldern seines Heimatdorfes fand er als junger Mann die Anregung zu seinen ersten Arbeiten, die sich mit den Wachstumsprozessen der Natur beschäftigten. In Turin stiess er Ende der 1960er Jahre zu den Künstlern der Arte povera und nahm an ihren Ausstellungen teil. 1977 fand im Kunstmuseum Luzern seine erste Museumsausstellung statt. Seither wurde seine Arbeit intensiv in Frankreich gezeigt und gesammelt, mehr und mehr auch in England, den USA und in Japan. Von 1997 bis 2012 unterrichtete Penone an der Ecole des Beaux-Arts in Paris. Das Kunstmuseum Winterthur besitzt mehrere Werke von ihm und widmet ihm deshalb nun eine Ausstellung, kurz bevor er im Juni 2013 im Park von Versailles seine Skulpturen zeigt.

Penone geht von elementaren Erfahrungen aus, die der Künstler bei seiner Arbeit macht. Dazu gehört primär das Erleben der Zeit, die sich beispielsweise am Wachstum der Bäume ablesen lässt. Etwas ablesen, registrieren und in einer plastischen Form sichtbar machen – aus dieser sorgfältigen, zurückhaltenden Annäherung an die Welt entsteht für Penone das Werk. Seine Arbeit als Bildhauer besteht nicht darin, dem Material eine Form aufzusetzen, sondern die Form aus dem Wesen des Materials werden zu lassen. Das abgeschlossene Werk erzählt seinen Entstehungsprozess. Deshalb geht Penone immer wieder auf die Geste des Künstlers zurück, der einen Gegenstand nimmt und daraus etwas verfertigt. Entscheidend ist der Moment der ersten Berührung des Gegenstandes, denn schon damit beginnt der Prozess von dessen Formung und Gestaltung. In dieser Berührung liegt für Penone aber auch der Ausgangspunkt für sein Nachdenken über die Wirklichkeit.

Für die Ausstellung wurde gemeinsam mit dem Künstler eine Auswahl von Werken aus verschiedenen Schaffensperioden getroffen, von den ersten Arbeiten von Ende der 1960er Jahre bis zu den raumbestimmenden Bronzetafeln von Riflesso del bronzo (2005) aus der Sammlung des Kunstmuseums Winterthur. Unter diesen Werken sind bekannte Arbeiten wie die Gesti vegetali, aber auch eine umfangreiche Gruppe von Zeichnungen, an denen sich seine Themen ablesen lassen – der sinnliche Zugang zur Welt, die Durchdringung von Natur und Kultur. Penone ist ein mediterraner Künstler, und sein Denken und Schaffen ist deutlich geprägt von der antiken Mythologie und ihrem Fortleben in der Renaissance.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit einer Einführung von Dieter Schwarz und Texten des Künstlers. Klappenbroschur, 120 Seiten, 80 farbige Abbildungen der ausgestellten Werke. CHF 45.–

Giuseppe Penone
27. April bis 11. August 2013