Geheimnisse der Maler - Köln im Mittelalter

Die Gemälde der Altkölner Malerei gehören zu den wichtigsten Werken des deutschen Mittelalters und sind weltberühmt. Doch wissen wir nur wenig über die Meister, die sie vor rund 600 Jahren schufen. So können wir bis auf Stefan Lochner keinem anderen Maler ein Werk zuordnen. Aber jetzt bringt das Wallraf-Richartz-Museum Licht in dieses Dunkel. Mit seiner großen Sonderausstellung "Geheimnisse der Maler – Köln im Mittelalter" präsentiert die Gemäldegalerie erstmals die spannenden Ergebnisse, die ein Team von Kunsttechnologen, Naturwissenschaftlern und Kunsthistorikern in einem mehrjährigen Forschungsprojekt zutage gefördert hat.

Ähnlich der Spurensuche in einem Kriminalfall analysierten die Wissenschaftler mit modernstem Equipment mehr als dreißig mittelalterliche Meisterwerke. Neben den Originalen können die Besucher der Schau faszinierende Infrarotaufnahmen und enthüllende Röntgenbilder sowie riesige Details der Gemälde studieren oder in einer rekonstruierten Werkstatt die raffinierten Tricks und Methoden der Maler kennenlernen. Abgerundet wird die moderne Präsentation mit digitalen Animationen, Einspielfilmen, Hands-Ons, praxisnahen Exkursen zu Materialien und Techniken und einem speziellen Kinder-Parcours samt Mitmachheft.

Die Besucher lernen auf mitreißende Weise, wie die Werke entstanden und wozu sie dienten, wie sie ursprünglich einmal aussahen und wie die Maler auch zusammenarbeiteten. Den Forschern gelang es sogar ganze Altarbilder, die nur in Fragmenten erhalten waren, zu rekonstruieren. Andere Werke konnten sie präzise neu datieren oder anderen Malern als bisher vermutet zuordnen. In vier Kapiteln und drei Exkursen führen die "Geheimnisse der Maler" ihre Besucher durch die unbekannte Welt der mittelalterlichen Meister. Die Ausstellung beginnt mit der Verortung des Geschehens: Denn nur einen Steinwurf vom Wallraf-Richartz-Museum entfernt, wo sich heute eine der größten Einkaufsmeilen Europas befindet, lebten und arbeiteten einst die meisten Maler.

"Schilderer" wurden sie genannt und gaben damit der Straße ihren Namen: Schildergasse. Die Maler waren erstaunlich gut organisiert, erfindungsreich und in allem extrem sorgfältig. Mühsam mussten sie ihre Farben aus teils hoch giftigen Zutaten selbst "anreiben". Schildläuse waren zum Beispiel der Lieferant für ein kostbares Rot. Aber trotz der widrigen Lebensumstände schufen sie riesige Altarbilder mit reich verzierten Goldgründen oder minutiös bemalte Möbel, Wappen und Gefäße. Selbst bei mikroskopischen Untersuchungen fanden die Wissenschaftler in den Gemälden kaum ein Schmutzkorn oder andere Partikel – angesichts der hygienischen Verhältnisse damals ein kleines Wunder.

Im zweiten Ausstellungskapitel können die Besucher die lange und komplexe Geschichte der Gemälde anschaulich verfolgen. Ursprünglich für Kirchen, Kapellen oder fromme Stifter gemalt, haben sie im Laufe der Jahrhunderte ihren Kontext und meistens auch ihre Unversehrtheit verloren. Denn um Tafeln besser zu Geld machen zu können, wurden sie nach der Säkularisation (1802) geteilt, zersägt und gespalten. Umso schöner sind jene Momente, wenn getrennte Bildteile wieder vereint werden: So bringt die Ausstellung nach Jahrzehnten endlich wieder zwei Flügel eines Lochner-Altares zusammen. Ferner konnten die Wissenschaftler ein bislang als Einzeltafel geltendes Gemälde zum Mittelstück eines ursprünglichen Triptychons erklären. Die stichhaltige Beweiskette dazu können die Besucher anhand von Röntgenaufnahmen verfolgen. Die Fotos belegen eindeutig alte Verbindungsspuren von Scharnieren an den Außenseiten des Zierrahmens. Dort waren also früher zwei Flügeltafeln angebracht.

"Wer war am Werk?", dieser Frage geht die Schau im dritten Abschnitt nach. Da die Maler sich als Handwerker und nicht als Künstler verstanden, signierten sie ihre Werke auch nicht. So sind zwar die Bilder heute berühmt, aber bis auf Stefan Lochner können wir keinem anderen Meister ein Werk konkret zuweisen. Deshalb behilft sich die Forschung mit sogenannten "Notnamen". Der "Meister der heiligen Veronika" zum Beispiel erhielt seinen Namen nach dem wichtigsten Werk, das er schuf. Doch hinter einem solchen Titel können sich auch mehrere Personen einer Werkstatt verbergen. So wiesen die Forscher in zahlreichen Gemälden die Arbeit von mehreren Händen nach. Teils wurde dabei sogar mit Schablonen gearbeitet, um effizienter sein zu können und in Bilderserien eine bessere Wiedererkennbarkeit der dargestellten Personen zu gewährleisten.

Im vierten und letzten Kapitel verrät die Ausstellung die Geheimnisse des genialen Stefan Lochner. Infrarotaufnahmen, Röntgenbilder und der Blick durch das Mikroskop bringen uns dem Genie der Altkölner Malerei so nahe wie noch nie. Schon alleine seine Unterzeichnungen sind einzigartige Kunstwerke. So hat er in seinem detailreichen "Weltgericht" sämtliche Formen minutiös vorgezeichnet und mit feinsten Schraffuren modelliert. Überwältigend ist vor allem Lochners grandioses Geschick im Umgang mit Farben und Blattgold. Den Vergleich mit ebenfalls ausgestellten Goldschmiedearbeiten von damals braucht er nicht zu scheuen. Schönes Beispiel ist die kaum zwei Zentimeter große Brosche der "Muttergottes in der Rosenlaube" (um 1440), deren Perlen und Edelsteine noch heute funkeln als wären sie echt.

Geheimnisse der Maler - Köln im Mittelalter
20. September 2013 bis 9. Februar 2014