Gedichte und Installationen von Tarek Lakhrissi

In seiner Einzelausstellung "Bliss" nimmt Tarek Lakhrissi das Publikum mit auf eine Reise: Die Besucher:innen werden in einem bühnenartigen Setting zu Protagonist:innen – auf der Suche nach verträumten Momenten inmitten von Chaos. Im Verlauf von drei Akten treffen sie auf Installationen, filmische Arbeiten und Skulpturen.

Der französische Poet und Künstler hat ein besonderes Interesse an Diskursen rund um race, soziale Klasse und Gender. Er kreiert einnehmende Gedichte und Installationen, die traditionelle Narrative verändern wollen. Dabei arbeitet Lakhrissi mit der Technik der Autofiktion, also dem Verschmelzen von biografischer Erzählung mit fiktionalen Elementen. So bietet er durch subtile Hinweise auf seine eigenen Erfahrungen einerseits Identifikationspotenzial für das Publikum und erzählt zugleich eine ausgedachte Geschichte mit unzähligen Ebenen. Lakhrissis queere und BIPoC-Perspektive lässt sich auf allgemeine Alltagserfahrungen von marginalisierten Personen übertragen. Was, wenn man nicht zur weißen, cisgender und heterosexuellen Mehrheit der Gesellschaft gehört? "Bliss" nimmt darüber hinaus den Gemütszustand der Melancholie als Ausgangspunkt, um Themen wie Selbstfindung, das eigene Begehren und die soziale Ausgrenzung von marginalisierten Gruppen zu erkunden.

Im Raum "pending, Akt I", schwingt ein raumfüllendes Glaspendel auf hypnotisierende Weise im Kreis. Mit seiner ununterbrochen kreisenden Bewegung bezieht es sich auf das Konzept der zirkulären Zeiterfahrung. Ähnlich wie das weiße Kaninchen aus Alice im Wunderland markiert es den Eintritt in eine wundersame Welt und symbolisiert die Aufhebung von normativen Raum- und Zeitkontinuitäten – etwa der konventionellen Chronologie von Kennenlernen, Eheschließung und Familiengründung. Das Pendel wird zur treibenden Kraft: Es regt die Besucher:innen dazu an, seinem Rhythmus zu folgen. Es stellt sie zudem vor die Entscheidung, sich nach rechts oder links durch die Ausstellung zu bewegen.

Die kreisrunde Arena im zweiten Akt, "dancing in a limbo", erinnert an den Ausdruck "sich im Kreis drehen". Im Zentrum von Akt II steht der Film "Bright Heart" (2023), der die märchenhafte Reise eines jungen Mannes auf der Suche nach sich selbst erzählt. Jahid, der Protagonist, flieht aus einer hoffnungslosen Situation und findet Zuflucht in einem merkwürdig stillen Museum. Dort passieren außergewöhnliche Dinge und er begegnet fabelhaften Wesen, von denen er etwas über Exklusion, Schönheit, Selbstvertrauen, alltägliche Gefahren und die Liebe lernt. So kann er seine internalisierten Ängste überwinden: Das Ende des Films zeigt Jahid in einem intimen Kuss mit seinem Geliebten, der aus dem Körper eines Dinosaurier-Menschen-Wesens befreit wurde. Beide geben sich queerem Begehren hin.

Im dritten und letzten Akt, "the monster’s resolution", erscheinen monströse Skulpturen in einer immersiven Landschaft. Autobiografie und Fiktion verschmelzen in diesem Raum zu einer Erkundungsreise zum eigenen Selbst, die Bühne ist frei für das Finale – mitsamt künstlichen Nägeln, Sternen, Monden, Herzen und Teufeln. So bringt der Künstler ein komplexes Zusammenspiel zum Ausdruck: zwischen Licht und Dunkelheit, Glückseligkeit und Melancholie.

Tarek Lakhrissi
Bliss
Bis 20. Mai 2024