Farbe. Abstraktion. Serie

Die Ausstellung Alexej von Jawlensky und Josef Albers "Farbe. Abstraktion. Serie" ist ein seltenes Gipfeltreffen, bei dem sich zwei weithin bekannte Künstler begegnen, deren Gemeinsamkeiten bisher noch nicht wirklich entdeckt worden sind. Obwohl es in den Arbeiten von Josef Albers keinerlei Verweis auf Gegenständliches gibt, setzt die Farbe in ihrer eigenen Dynamik die gemeinsame Klammer zu Alexej von Jawlensky. Erstmals werden diese beiden Künstler gemeinsam im Josef Albers Museum in Bottrop gezeigt. Dabei werden etwa 50 Werke von Josef Albers mit ebenso vielen Gemälden von Alexej von Jawlensky präsentiert.

Die Begriffe Farbe, Abstraktion, Serie sind innerhalb der künstlerischen Entwicklung beider Künstler zentral. Alexej von Jawlensky (1864 – 1941) und Josef Albers (1888 – 1976) haben sich in ihrer Malerei mit besonderer Intensität der Farbe und deren meditativer Wirkung gewidmet. Beiden ging es über die reine Wahrnehmung hinaus um geistige und emotionale Inhalte, die sie durch Farbe darstellen wollten, wenn auch auf unterschiedliche Art: geometrische Formen bei Albers und organische Farbflecken bei Jawlensky.

In der Gegenüberstellung des farbigen Quadrats als purer Form bei Albers und den Mystischen Köpfen bei Jawlensky zeigt sich dem Betrachter eine überraschende Übereinstimmung, die sich jenseits der vordergründigen Trennung zwischen abstrakt und gegenständlich ergibt. Gerade die Vereinfachung der Formensprache rückt bei beiden die Farbe als Ausdrucksmittel ins Zentrum. Dabei entfaltet sich deren Wirkkraft in ganzen Serien, da sie sich im Einzelbild nicht vollenden kann. Jedes Werk einer Serie setzt das Studium der Farbe fort, nahezu unabschließbar.

Alexej von Jawlensky wurde 1864 in Torschok, Russland geboren. Er besuchte die Kunstakademie in Sankt Petersburg, ging 1896/97 nach München, besuchte eine Malschule und machte die Bekanntschaft von Wassily Kandinsky. Er hatte Kontakt zur Gruppe Blauer Reiter und ist auf einer Ausstellungstournee 1912 – neben Kandinsky, Marc und Macke – ebenfalls vertreten. In der Ausstellung im Josef Albers Museum Bottrop werden Landschaften, Porträts und Stillleben das Frühwerk aus der Münchner Zeit dokumentieren. Schon hier sind erste Gemeinsamkeiten im Umgang von Farbe, Form und Fläche zwischen Albers und Jawlensky erkennbar: Jawlensky sieht diese Phase als eine bedeutende Wende in seiner Kunst an. Es ist die Zeit der Formverknappung, dem Ausblenden erzählerischer Motive und dem Einsatz intensiver Farbwerte.

Jawlensky musste Deutschland bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs verlassen und ging 1914 in die Schweiz: "Die von Beginn seiner künstlerischen Produktion an gewählte Arbeitsweise, wenige Bildgattungen genauer zu untersuchen, geht nun über in eine Malerei in Serien, denen er sich in Werkgruppen über Jahre hinweg zuwendet." (Volker Rattemeyer) 1921 entschloss Jawlensky sich zur Rückkehr nach Deutschland. Er zog nach Wiesbaden, wo er zunächst großen künstlerischen Erfolg hatte. In Amerika wurde er gemeinsam mit Paul Klee, Wassily Kandinsky und Lyonel Feininger als Die Blaue Vier ausgestellt. Bis auf Jawlensky gingen alle Mitglieder dieser Vereinigung in den folgenden Jahren als Lehrende ans staatliche Bauhaus in Weimar. Jawlensky nahm das Angebot, dort zu lehren, nicht an, dennoch besteht zwischen den Künstlern weiterhin Kontakt. Aus dieser Zeit resultiert die Bekanntschaft mit Josef Albers.

Josef Albers, 24 Jahre jünger als Jawlensky, wurde 1888 in Bottrop geboren. Er arbeitete zunächst als Lehrer in Bottrop und dem nahen Münsterland. Zugleich ließ er sich zum Kunstlehrer ausbilden und erkannte dabei bald seine eigentliche Bestimmung. Über Akademien und Kunstschulen in Berlin, Essen und München gelangte er im Alter von 32 Jahren als Student an das Bauhaus in Weimar – hier endlich fand er, was er selbst anstrebte, die Synthese von Kunst und Handwerk, Ästhetik und Ökonomie. Albers ging 1933 mit seiner jüdischen Frau Anni nach Amerika ins Exil. Als er dort 1976 starb, war er einer der bekanntesten Lehrer und Künstler seiner Zeit. Eine grundlegende Orientierung erfuhr Josef Albers auf Reisen nach Mexiko. Das Licht und die Landschaft, besonders aber die Farben und die präkolumbische Architektur machten ihn zum Maler von Farbbeziehungen, wie er sie später in der Serie seiner Ehrungen an das Quadrat immer wieder durchdeklinierte. Schon Mitte der dreißiger Jahre begann Albers konsequent seriell zu arbeiten. Struktur und Wiederholung waren bereits in den Arbeiten angelegt, die am Bauhaus entstehen. Später, mit dem Hinzutreten der Farbe als weitere Dimension, erreicht die Thematisierung von Raum und Fläche in seiner Kunst aber eine grundlegend neue Qualität. Seine Reisen nach Mexiko haben daran entscheidenden Anteil.

Über große zeitliche und räumliche Distanzen hinweg gab es zwischen Albers und Jawlensky Berührungspunkte und eine persönliche Verbundenheit, doch werden erst in dieser Ausstellung auch ihre Werke auf Gemeinsamkeiten hin befragt.

Farbe. Abstraktion. Serie
16. Mai bis 29. August 2010