Ernste Tiere

1. September 2011
16.07.2011 bis  04.09.2011
Bildteil

Mit Petrit Halilaj, Judith Hopf und Bedwyr Williams werden drei Künstler vereint, deren künstlerische Praxis sich maßgeblich auf die je eigene Biografie und Lebenssituation beruft. So eigensinnig sich ihr jeweiliges Werk behauptet, sprechen doch alle drei Künstler gesellschaftliche Themen an: Fragen nach Codes und Konventionen des Alltags, nach Identität und Integration – unter anderem in der Kunstwelt – oder nach ungeschriebenen Grenzen zwischen Kulturen.

Halilaj, Hopf und Williams wählen trotz aller Heterogenität einen gemeinsamen Weg, jene brisanten und ernsten Themen anzusprechen: die indirekte Ansprache. In repressiven Systemen war und ist der indirekte Weg mittels Kabarett, Parodie und Komödie – vor allem das Genre der Komödie als eine Mischung aus Komik und Ernst – oftmals der einzige Weg, kontroverse Themen auf verschlüsselte Weise in die Gemeinschaft zu tragen. Während die drei Künstler ihre eigene Situation beobachten, entwickeln sie in ihrer künstlerischen Praxis eine gewisse Distanz und Ironie zur eigenen Erfahrung und lassen idiosynkratische Erzählstrukturen ins Leere laufen. Das Verarbeiten der jeweiligen Lebenskontexte geht bei allen drei Künstlern einher mit einer starken Verbindung zur Natur – als Ort des Rückzugs einerseits, aber auch als Ort, der seine Unschuld verloren hat und heute als Referenz für existentielle Erlebnisse steht, andererseits.

Besonders offensichtlich wird die Verknüpfung von Natur, Identität und Existenz bei der Arbeit von Petrit Halilaj (*1986 in Runik, Kosovo, lebt in Berlin, Mantova und Runik), die sich auf sein Heimatland bezieht. Halilaj ließ ein riesiges Stück aus dem seit dem Krieg wertlosen Grundstück seiner Familie ausgraben, um dieses an der exklusiven Kunstmesse Art Basel zu zeigen. Die Präsentation für den Bonner Kunstverein ist eine Fortführung davon und fokussiert auf die Leistung des Künstlers, diese Erde selbst paradoxerweise migrieren zu lassen.

Judith Hopf (*1969 in Karlsruhe, lebt in Berlin) nutzt ähnlich wie Halilaj Objekte der Alltagskultur, die sie in skulpturalen Werken, Installationen, Performances und Videoarbeiten verarbeitet. Eine eigenartige Theatralik durchzieht das Werk der Künstlerin. Gesellschaftliche Konventionen werden hier befragt, und soziale Machtgefüge wie auch Erwartungshaltungen des Betrachters geraten aus dem Lot. Es sind fantastisch anmutende Gestalten und Erzählungen, so beispielsweise ihr Video um ein Pferd, das zählen kann, die durch die Überhöhung ins Absurde grundlegende Thesen zur Verhaltenslehre ins Spiel bringen.

Auch für Bedwyr Williams (*1974 in St. Asaph, Wales) ist der selbst gewählte Lebensort im ländlichen Wales Ausgangspunkt für seine künstlerischen Beobachtungen. Neben Skulptur und Installation ist die Performance für Williams ein wichtiger Bestandteil seiner Praxis. Hier bilden persönliche und familiäre Geschichten den Ausgangspunkt für eigensinnig verwobene Erzählstränge, die am Ende oftmals spielerisch moralische oder ethische Grundsätze zum Vorschein bringen. Sein Rückgriff auf traditionelle Materialien und deren Umdeutung verweist bei Williams auf allgemein konnotierte Grenzen – etwa zwischen Land und Stadt, Tradition und Moderne, Kunst und Alltag – und zerlegt deren klassische Zuordnung.

Ernste Tiere
16. Juli bis 4. September 2011

Bonner Kunstverein
Hochstadenring 22
D-53119 Bonn
T 0049 (0)228 693936
F 0049 (0)228 695589

Öffnungszeiten:
Di bis So 11 bis 17 Uhr
Donnerstag 11 bis 19 Uhr