Ein Steinwurf lang

Das Projekt "ein Steinwurf lang – le long d’un souffle" von Verena Lafargue Rimann versucht, den Ausstellungsraum nach verschiedenen Gesichtspunkten zu bespielen, wobei der Künstlerin die Phänomenologie der Wahrnehmung von Merleau-Ponty und Schriften von Bill Masuch als Grundlage einer Raumstiftung dienen. Provokativ erstellt die Künstlerin den Verdacht, dass der Salle Poma, einer der grössten stützenfreien Ausstellungsräume der Schweiz, zu klein sei, wenn man ihn als Raum mit vier Wänden, Boden und Decke denkt.

Die Nord- und Südwand nehmen den Steinwurf als ideellen Anlass auf. Mit Videoprojektionen wird der Eindruck erweckt, dass ein Stein von der einen Wand quer durch den Saal zur gegenüberliegenden Wand fliegt. Der auf der einen Wand aus dem Nichts erscheinende und immer näher kommende, grösser werdende Stein springt über, um sich hier langsam wieder in der Weite des Nichts aufzulösen. Der Raum dehnt sich zum Nullpunkt hin aus, durchquert ideell die Mauer und wird zum gleichzeitigen Innen und Aussen. Die Ostwand nimmt Bezug zur Leiblichkeit, zur persönlichen Erfahrung von Materie, von Natur und Körper. Die monumentale Videoprojektion hier zeigt eine unendliche Folge von Blättern im Wind, die sich überlagern, sich heftig oder leise im Winde bewegen. Ein Blättermeer, das Zur-Welt-Sein, ein stetiges Welt-Werden, versinnbildlicht.

Diesem gegenüber steht die Projektion von Wolkengebilden, die übermächtig auf den Besucher zukommen und sich immer neu formieren. Die Wolken schlichten, besänftigten, sind weich und Auffangbecken für Schnellgeschosse. Sie sind Sinnbild des latenten Horizontes all unserer Erfahrungen im Sinne einer offenen Totalität. Die Atmosphäre im Raum wird auditiv ergänzt und erweitert: Klänge, Verkürzungen und Ausdehnungen über unendliche Weiten bis hin zu Sackgassituation wechselt der Steinwurfsound durch den Raum; er kommt und geht, ist schnell oder leicht, ist schwer oder langsam. Der Sound von Christophe Fellay, Orsière/VS, verortet den Raum in der Vorstellung und vertont ihn zu einer Erfahrung.

Verena Lafargue Rimann, 1951 in Solothurn geboren, lebt und arbeitet in Biel. Seit 2002 arbeitet die Künstlerin vorwiegend installativ und transformativ. Luft und Plastik sind Ausgangselemente. Transparenz, Schichtung und räumliche Tiefe sind Schwerpunkte. Kunst-am-Bau-Projekte sowie zahlreiche Ausstellungen. Seit 2007 stattet Verena Lafargue Rimann zudem für die Bühne von verschiedenen Theaterproduktionen für junge Menschen aus.

x-mas+ 2009 - Verena Lafargue Rimann
6. Dezember 2009 bis 3. Januar 2010