Die Selbstinszenierung auf die Schippe genommen

Der im Zweijahresrhythmus ausgetragene "Walserherbst", der sich als "steilstes Festival in den Bergen" bezeichnet, ist immer wieder für Überraschungen gut. So hat er in diesem Jahr mit Daniel Spoerri sozusagen einen Weltstar der bildenden Kunst ins Große Walsertal gebracht. Denn im alten Musikraum von Blons werden zahlreiche Beispiele aus der Serie "Bild zum Sonntag" gezeigt, die bisher nur im digitalen Raum, nämlich auf Instagram zu sehen waren. Den Organisatoren Dietmar Nigsch und Eugen Fulterer ist mit dieser Schau ein Clou gelungen, die man sich nicht entgehen lassen sollte.

Spoerri produziert die Bilder zum Sonntag in Zusammenarbeit mit der 1978 geborenen Schneidermeisterin, Kunstshistorikerin und Künstlerin Silke Eggl. Die Idee dazu ist den beiden spontan und im Zuge von Momentaufnahmen im Wiener Atelier von Spoerri gekommen. Seither hecken Eggl und Spoerri jeden Samstag ein schräges Foto oder Video aus und stellen es am Tag darauf, ergänzt durch einen knappen Kommentar, als Sonntags-Post auf Instagram. Aufgenommen werden schräge Assemblagen respektive "Stillleben" oder Porträts, die Spoerri in den verrücktesten Posen zeigen, - zumeist an seinem Küchentisch. Zum Beispiel einen Schöpflöffel auf die Stirn oder eine Fliegenklatsche vor das Gesicht haltend, oder Kinderschuhe an die Ohren oder einen Kamm zwischen Oberlippe und Nase gedrückt.

Die Bilder offenbaren, dass sich Spoerri, obwohl bereits über 90 Jahre alt, für keine Blödelei zu schade ist. Bei dem Projekt, das mittlerweile bereits zu einem fast traditionellen Ritual geworden ist, dachte das Duo nie an ein seriöses Projekt, sondern beiden geht es in erster Linie um den Spaß an der Sache.

Spoerri hat keine Scheu, sich mit den Sonntagsbildern lächerlich zu machen, und er nimmt damit die gängige Social Media-Praxis der "geschönten" Selbstinszenierung augenzwinkernd auf die Schippe.

Der 1930 im rumänischen Galați geborene und seit langem in Wien lebende Schweizer Künstler Daniel Spoerri zählt seit Jahrzehnten zu den bedeutendsten und bekanntesten Objekt- und Installationskünstlern der Gegenwart. Als Mitbegründer des "Nouveau Réalisme" stand er in Paris ab den späten 1950er Jahren u.a. mit Jean Tinguely, Niki de Saint Phalle und Eva Aeppli in engem Kontakt. Berühmt wurde der als Tänzer ausgebildete Spoerri in den 1960er Jahren mit seinen "Fallenbilder", Materialbilder, bei denen Reste einer Mahlzeit auf einer Tischplatte fixiert wurden. Die Verwendung von Fundstücken aller Art kennzeichnet seither sein bildkünstlerisches Schaffen. Auf Flohmärkten Entdecktes beispielsweise setzt er zu immer neuen Collagen zusammen. Er besitzt zudem eine umfangreiche Kollektion afrikanischer Objekte, die aus Kunstwerken, Tapisserien und Masken besteht. Diese exotischen "Objets trouvées" setzt der Künstler in Bezug zu seinem eigenen Werk, integriert sie in Assemblagen oder findet eigene Interpretationen in Bronzeskulpturen. 2009 wurde in Hadersdorf am Kamp in Niederösterreich das Ausstellungshaus Spoerri eröffnet, in dem Werke von Daniel Spoerri und Wechselausstellungen über Künstlerfreunde zu sehen sind.

Silke Eggl lebt wie Spoerri in Wien und arbeitet an unterschiedlichen Projekten in den Bereichen Kunst und Mode. Daniel Spoerri hat sie über das Kochen, einen wichtigen Teil ihres Lebens, kennengelernt. Bereits 2014 entstand die Zusammenarbeit mit Sporri am Projekt „Fadenscheinige Orakel“, das Eggl ideell begleitet und als Schneidermeisterin handwerklich ausgeführt hat.

Sikle Eggl & Daniel Spoerri: Bild zum Sonntag
Musikraum Blons, Blons, Großes Walsertal
Im Rahmen des Walserherbstes 2023
Bis 10.9.
Do-So 15-19
www.walserherbst.at