Die Kräfte hinter den Formen

Die Ausstellung "Die Kräfte hinter den Formen" widmet sich der Auseinandersetzung mit Materie und Naturprozessen in der zeitgenössischen Kunst. Sie versammelt Arbeiten, die Entstehungsprozesse und Formkräfte in der Natur reflektieren, in eine künstlerische Form übersetzen und ihre Bezüge zum Menschen ausloten. Die Imaginationskraft, die in der Vergegenwärtigung von Naturprozessen liegt, gewinnt gerade in jüngster Zeit wieder an Aktualität.

Die breit geführte Diskussion, ob wir mittlerweile in einer menschengemachten Umwelt leben, schärft das Bewusstsein für die Natur und die hinter ihren Erscheinungen stehenden Kräfte wie auch für die Auswirkungen unseres Handelns auf die Umwelt. Auch der aktuelle wissenschaftstheoretische Diskurs formuliert Fragen nach Formgenese und Vitalität der anorganischen Materie neu. Im Zuge eines mutmaßlichen ‚geologic turn‘ wird Erdgeschichte zu einem Denk- und Vorstellungsraum, an dem sich ein Bild der Lebensgrundlagen des Menschen ablesen lässt.

Der Ausstellungstitel ist den Schriften des Künstlers Per Kirkeby entnommen, der die Geologie als die "Lehre von den Kräften hinter den Formen" bezeichnet hat. Als ausgebildeter Geologe fand der Maler Kirkeby die für seine Arbeiten wichtige Voraussetzung, Natur als etwas sich ständig Veränderndes und Landschaft als zeitlich konnotiert zu verstehen. Die Beschäftigung mit Erde, Materie und Form vollzieht sich in den vorgestellten künstlerischen Positionen auf mehreren, ineinander greifenden Ebenen.

Gemeinsam ist den künstlerischen Positionen die Verschränkung von Forscherdrang und Formwillen. Hohe gesellschaftliche und wissenschaftstheoretische Aktualität paart sich mit verdichteter Bildsprache und einem weiten geistesgeschichtlichen Horizont. Nicht ohne humorvolle Komponente spielen die Künstlerinnen und Künstler mit einer Sehnsucht nach Ganzheitlichkeit, mit dem Drang, die Welt verstehen zu wollen, mit der Ehrfurcht vor der Schöpfung und dem Glauben an die eigene Schöpferkraft – eine Haltung, die immer auch das eigene Tun reflektiert.

KünstlerInnen: Jonathan Bragdon, Nina Canell, Julian Charrière, Olafur Eliasson, Ilana Halperin, Roger Hiorns, Per Kirkeby, Katie Paterson, Giuseppe Penone, Jens Risch und Gäste, Hans Schabus, George Steinmann


Zur Ausstellung erscheint ein Buch mit zahlreichen Essays und einem umfangreichen Abbildungsteil, das sich dem Thema aus kunsthistorischer, kulturwissenschaftlicher und wissenschaftstheoretischer Perspektive nähert. Mit Texten (dt./engl.) von Monika Bakke, Hartmut Böhme, Julia Brennacher, Beate Ermacora, Helen Hirsch, Magdalena Holzhey, Lena Nievers, Thomas Pöhler, Anja Seiler, Katrin Sperry und Jürgen Tabor. Ca. 240 Seiten, zahlreiche Farbabbildungen; Snoeck Verlag, Köln 2016.


Die Kräfte hinter den Formen
Erdgeschichte, Materie, Prozess in der zeitgenössischen Kunst
12. Dezember 2015 bis 28. Februar 2016