"Die Geistesbrüder" von Klaus Funke

28. Juni 2013 admin
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Der Klappentext: Wir befinden uns in Dresden und Weimar zwischen 1903 und 1906. Die schicksalhafte Begegnung zwischen Karl May und dem Maler Sascha Schneider, einem der begabtesten Schüler Max Klingers, führt zu einer intensiven Freundschaft zweier Brüder im Geiste. An langen Abenden wird diskutiert: Politisches, Künstlerisches und Weltanschauliches. Das Buch ist eine Art Parabel auf den misslungenen Wandlungsversuch des Schriftstellers, der wie vieles in seinem Leben tragisch ausgeht. Es beschreibt die einmalige und äußerst fruchtbare Künstlerfreundschaft der beiden in jeder Hinsicht so unterschiedlichen Männer vor dem politischen und kulturhistorischen Hintergrund der ersten Jahre des 20. Jahrhunderts.

Meine Gedanken zu dem Buch: Ich gebe es ganz aufrichtig zu, wäre es nicht der Schriftsteller Klaus Funke, der dieses Buch schrieb, so hätte ich es aller Wahrscheinlichkeit nach nicht gelesen. Es ist, so dachte ich, ein typisches "Jungenbuch", wie eben auch die Geschichten, die derjenige schrieb, um den es darin in der Hauptsache geht, nämlich um Karl May. Doch ich gestehe, ich bin beinahe süchtig nach Funkes Bücher. Seine musikhistorischen Romane verschlang ich geradezu.

Wenn ich lese, dann, um in eine Welt einzutauchen, in der ich nicht ohnehin lebe, um eine Sprache zu geniessen (eine Sprache, in der das Wort "indes" häufig und berechtigt seinen Platz findet), einen Sprachgebrauch, den ich im Alltag so nicht höre, ich lese, um mich zu amüsieren, und wenn ich zu alledem auch noch mein Wissen aufpolieren kann, dann ist ein Buch für mich perfekt! Und die Bücher, die ich von Funke bisher las waren genau dies, nämlich perfekt. Also, dann soll es eben Karl May sein, dachte ich und las und las und las. Über Karl May wusste ich ohnehin nicht sehr viel, und so verschlang ich dieses (vermeintliche) "Jungenbuch" ebenso, wie die übrigen Funkes. Wussten Sie, dass die Bücher von May eine ganze Weile gar überwiegend von Mädchen und Frauen gelesen wurden?! So erfuhr ich nicht nur eine ganze Menge über Karl May als Mensch, als Schriftsteller, als Ehemann, als Geschäftsmann, sondern höchst unterhaltsam auch einiges über die politische, die wirtschaftliche, kulturelle oder soziale Situation in der er lebte. Oh, Karl May ist soviel mehr als nur derjenige, der Old Surehand oder Winnetou schrieb!

Es stimmt, Klaus Funke holt schon mal sehr weit aus, aber so ist er halt, und am Ende fügt sich das Erzählte dann doch stets zu diesem großen Ganzen, oder dem ganz Großen! Er ist nun mal ein Erzähler vor dem Herrn, dieser Funke! Und was er erzählt, und darauf kann ich mich verlassen, was er erzählt sind keine Märchen! Funke recherchiert herausragend! Näher an der Wahrheit ist kaum jemand imstande einen solchen Roman zu schreiben, denn es ist was es ist, nämlich weder ein historisches Sachbuch, noch eine Biografie, sondern ein Roman. Funke versteht sein Handwerk! Gekonnt und unterhaltsam fokussiert er in "Die Geistesbrüder" zwar jene Phase, in der Karl May die bedeutungs- und auch folgenschwere Bekanntschaft mit dem Maler Sascha Schneider machte, wechselt jedoch clever Zeit und Perspektive, damit Mays Leben als Ganzes offenbart oder mindestens erahnt werden kann.

Klaus Funke ist ein Wortschatz! Nicht etwa, weil er es versteht einen Satz aus 101 Worten zu formulieren (Seite 117), den wiederum der Leser indes problemlos versteht, sondern weil er zu begeistern und zu erzählen versteht, zu begeistern und zu erzählen in seiner ganz typischen Art. "Die Geistesbrüder" ist für mich ein weiteres Buch dieses außergewöhnlichen Schriftstellers, bei dem der Funke keine Mühe hatte, gleich wieder überzuspringen!

Klaus Funke - Die Geistesbrüder
Gebundene Ausgabe: 428 Seiten
Verlag: Husum
ISBN-13: 978-3898766517
EUR 19,95