Die Brücke als begehbare Skulptur

Eine europaweit neuartige und 85 m lange Spannbandbrücke in Tirschenreuth, Oberpfalz ist das bauliche Highlight der dort stattfindenden Landesgartenschau 2013. Die elegante Holzbrücke verbindet die Altstadt mit dem Gartenschaugelände rund um den Fischhof, dem ehemaligen Sommersitz der Waldsassener Äbte. Der Entwurf dieser ungewöhnlichen Brücke stammt vom jungen Berliner Architekturbüro "Annabau", in Arbeitsgemeinschaft mit der Ingenieurgesellschaft Schüssler-Plan, Berlin.

Gemäß dem Motto der Gartenschau "Natur in Tirschenreuth 2013" war Holz das Material der Wahl, Holzbrücken haben eine sehr lange Lebensdauer, sind umweltfreundlich und nachhaltig, da heimische Holzarten verwendet werden können. "Zudem steht der "Holzkörper" der Brücke in Bezug zur Bedeutung des Holzes in der Geschichte und dem Namen der Stadt Tirschenreuth und nimmt direkt Bezug auf die Anwendung von unbehandeltem Holz in der regionalen Architektur", erläutern Moritz Schloten (Architekt) und Sofia Petersson (Landschaftsarchitektin) den Grundgedanken ihrer Entwurfsidee.

Im Rahmen der Landesgartenschau 2013 wurde der historische Stadtteich wieder angelegt und somit steht nun auch die benachbarte steinerne Fischhofbrücke aus dem 18. Jahrhundert wieder im Wasser. Beide Brücken stehen mit ihrer Konstruktion und Formensprache für die Zeit ihrer Entstehung. Erstmals kam bei der neuen Fußgänger- und Radwegbrücke von "Annabau" eine Baukonstruktion zur Anwendung, bei der 480 Holzbohlen und 960 Brüstungshölzer auf dem nur 25mm dicken und 15 Tonnen schweren stählernen Spannbändern aufliegen. Das Schwingungsverhalten bei einer Spannweite von 87 Metern musste erst erprobt werden, da hierzu keine Erfahrungswerte vorlagen. Schulklassen durften sich während des Baus an Nutzungstests beteiligen.

Die Tragkonstruktion besteht aus zwei Widerlagern und einem Umlenksattel auf einer V-förmigen Stütze in der Mitte, um den Durchhang zu minimieren. Die Widerlager der 3,90 m breiten Brücke sind auf bis zu 40 Meter tief in die Erde getriebenen Bohrpfählen gegründet. Das Spannband wird an den beiden Enden der Brücke im Widerlager verankert und in Brückenmitte über einen Umlenksattel geführt. An den Widerlagern sind die hochfesten Stahlbänder befestigt und unter Spannung gesetzt. Für die Bohlen der Bodenfläche und der Seitenwände und Geländer wählte man Berglärche aus dem Altvater-Gebirge aus, eine Holzart, die den Anforderungen an Dauerhaftigkeit und Witterungsbeständigkeit entspricht. Baubeginn war im Oktober 2011, die Einweihung fand am 29. Mai 2013 statt, dem Eröffnungstag der Landesgartenschau.

Über den Zeitraum der Landesgartenschau hinaus erfüllt die Brücke ihre städtebauliche Funktion, den Mittelpunkt der Altstadt von Tirschenreuth, den Maximiliansplatz, mit dem Fischhof, dem Ortsteil Lohnsitz und dem späteren Freizeitgelände (ursprünglich Landesgartenschau) zu verbinden. Optisch bietet die doch recht massive Holzkonstruktion einen dynamischen und eleganten Anblick, konstruktive Elemente sind weitgehend unsichtbar. Dies entspricht dem Anspruch, den die Entwerfer an sich selbst gestellt haben. Die Brücke in Tirschenreuth wurde wegen ihrer besonders zeitgenössischen architektonischen Anmutung und Ausgestaltung mit in die Auswahl der diesjährigen "Architektouren" der Bayerischen Architektenkammer am 29. und 30. Juni mit aufgenommen.

Führungen mit "Annabau" in Tirschenreuth, Oberpfalz:
Sa 29. Juni 2013, 15.00 Uhr und So, 30. Juni 2013, 12.00 Uhr
Eintrittskarte für "Natur in Tirschenreuth" erforderlich;
Treffpunkt: hinter dem Eingang Regensburger Straße 19