Der neue Mönkemeyer

19. Januar 2011 Rosemarie Schmitt
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Wieso der neue? Weil es in meiner Musikwelt seit der Kindheit bereits einen Mönkemeyer gibt. Er hieß Helmut, war Musikpädagoge und Herausgeber der Flötenschule "Das Spiel auf der Sopranblockflöte". Wie so viele andere Kinder, hätte ich statt Blockflöte zu üben viel lieber tausend andere Dinge getan. Aber schön war es doch. Im nachhinein. Und wie für so viele andere auch, war die Blockflöte mein erstes Musikinstrument.

Der neue Mönkemeyer heißt Nils, spielt Bratsche und ich glaube er ist ein klein wenig närrisch, denn sein neues Album trägt den Titel "Folia". Gibt es nicht eine Filmkomödie mit dem Titel "La Cage aux Folia" ("Der Käfig der Närrinnen")? Aber nein, ein Scherz, Sie haben natürlich Recht, liebe Leser, für den Titel des Albums ist natürlich der wunderbare Komponist Arcangelo Correlli verantwortlich. Corelli war Geiger, kein Bratschist (heißt es nun Bratschist oder Bratscher? Kein Mensch sagt doch Geigist, oder?). Sei’s drum, Sie wissen was ich meine. Ich kann mir gut vorstellen, daß zu Corellis Zeiten ebenso viele Witze über Geiger erzählt wurden, wie heutzutage über Bratscher. Die Geiger genossen kein hohes Ansehen und wurden nur in Ausnahmefällen respektvoll behandelt. Corelli war eine solche Ausnahme.

Die Folia war ursprünglich ein spanisch-portugiesischer Volkstanz aus dem Mittelalter. Zu der damals noch wilden Folia wurde meist ausschweifend und ungezügelt getanzt. Es wurde improvisiert und die wilden Tanzbewegungen durch lärmende Schellen an den Füßen bekräftigt. Ihrer Ungezügeltheit wegen wurden diese Tänze immer wieder verboten (die sollten mal sehen wie heutzutage getanzt wird). Komponisten der Renaissance und des Barock ließen sich durch die Ausgelassenheit und die Vielfalt der Folia zu zahlreichen Variationen anregen. Die Folia gewann so im Laufe der Zeit an Virtuosität, verlor jedoch weitgehend ihren wilden Charakter. Arcangelo Corelli ist der Verfasser der bekanntesten dieser gezähmten Folia-Variationen. Und der neue Mönkemeyer zeigt Ihnen, wie die alte Folia klingt, wenn die Bratsche zum Tanz bittet und führt.

Im Zentrum seiner inzwischen vierten Einspielung mit der Kammerakademie Potsdam, die er für diese Aufnahme auch leitete, steht also das Thema "Folia". Die Folia, ebenso abseits der Norm wie Nils Mönkemeyer und sein Bratschenspiel. Mönkemeyer beweist ein weiteres Mal, daß die Bratsche sehr viel mehr ist, sein kann, als ein Instrument zum Ausfüllen der Mittellage! Mir gefällt diese Aufnahme ausgesprochen gut, und wie so oft hat es mir ein Titel der CD ganz besonders angetan. Das Konzert für Viola, Streicher und Basso Continuo in d-Moll von Johann Sebastian Bach. Hier in einer Adaption für Bratsche und Orchester von Marco Hertenstein und Nils Mönkemeyer. Was das mit der Folia zu tun hat? Na, hören Sie es sich an.

Diese neue CD von Sony-Classical (sie ist noch nicht einmal seit einer Woche im Handel) vom neuen Mönkemeyer (er wurde 1978 geboren) würde zweifellos auch dem alten Mönkemeyer (er starb 1992 im Alter von 87 Jahren) besonders gut gefallen (und er würde Nils Mönkemeyer mögen, der ganz gewiss fleißiger übte als ich).

Herzlichst,
Ihre Rosemarie Schmitt