Der Körper als Projektionsfläche und Konstruktion

Das Francisco Carolineum in Linz ist ab 9. Februar wieder geöffnet. Die bis zum 5. April verlängerte Ausstellung "Family Skin" nimmt Bezug auf die Vielzahl an Methoden, Produkten, Cremes, Gels, Masken, Massagen bis zu den plastisch chirurgischen Eingriffen zur Verschönerung, Perfektionierung und Selbstoptimierung der Haut. Vor dem Hintergrund dieser obsessiven Besessenheit für Schönheit und ewige Jugend positioniert sich die Schau.

Seit gut 15 Jahren reflektiert die polnische Künstlerin Aneta Grzeszykowska in ihrer Arbeit grundlegende Fragen über Identität und Selbstverständnis. Das Thema ist der menschliche – und vor allem weibliche – Körper als Projektionsfläche und Konstruktion.

Mit fotografischen und skulpturalen Mitteln nimmt Aneta Grzeszykowska die Konstruktion einer körperlichen Ästhetik als Idealbild in den Blick, auch indem sie diesem die Spuren des Alters und der Entstellung entgegensetzt. Sie arbeitet sowohl mit digitalen als auch analogen Foto- und Collagetechniken. Dazu zählen insbesondere auch die Rituale und Inszenierungen von Schönheit und Selbstdarstellung, wie sie sich in den sozialen Medien als massenwirksame Normen etabliert haben. Aneta Grzeszykowska spielt in einigen ihrer Serien bewusst mit diesen Klischees. Selfie (2014) und Face Book (2020) sprechen dies deutlich in den Titeln an. Sie provoziert die Frage, was hinter der fotografischen Oberfläche, der Hülle und Haut des Körperlichen, als Selbst bestehen bleibt. Dafür setzt sie ihren eigenen Körper in performativen Verwandlungen und Inszenierungen ein, die sie in Fotoserien, Filmen und Buchobjekten dokumentiert. Sie schlüpft in unterschiedliche Rollen. Arbeitet mit Kleidung und Masken, mit Schminke, Make-up und Körperbemalungen.

Die Ausstellung zeigt aus verschiedenen Serien von 2006 bis heute ausgewählte Werke. Gezeigt werden Beispiele der "Untitled Film Stills" (2006), die sich auf die gleichnamige Werkgruppe der amerikanischen Künstlerin Cindy Sherman vom Ende der 1970er Jahre bezieht. Für "Selfie" (2014) sind einzelne Körperteile aus Schweinehaut nachgeformt, bemalt und geschminkt. Die Künstlerin spielt mit dem narrativen Potential der Fotografie, dem wohligen Grauen und der Faszination eines Erzählmotivs, das an die Romanfigur Viktor Frankenstein erinnert und seinen Versuch, einen Menschen künstlich zu erschaffen. Bei "Beauty Mask" (2017) inszeniert sie sich in absurden, handelsüblichen Schönheitsmasken. "Face Book" (2020) steht in der Tradition extremer Verformungen und Grimassen der Gesichtszüge, die an die Köpfe eines Franz Xaver Messerschmidt (1736–1783) denken lassen.

Mit der Serie "Mama" (2018) erweiterte sie das Feld ihrer Untersuchungen auf das Verhältnis zwischen Mutter und Kind und verschiebt gewohnte Strukturen, wenn die Tochter mit einer Nachformung, einer Puppe, ihrer Mutter spielt. Auch diese Serie lässt den Vermutungen und Befürchtungen, die von den Fotografien ausgelöst werden, freien Lauf. In der Phantasie entsteht die Vorstellung von einem Mord, einer Leiche und einem wirklich grauenhaften Geschehen.

Aneta Grzeszykowska lebt und arbeitet in Warschau. Mit "Family Skin" präsentiert das Francisco Carolinum in Linz die erste museale Ausstellung ihres faszinierenden Werks außerhalb Polens.

Family Skin
Aneta Grzeszykowska
28. Oktober 2020 bis 5. April 2021