Der gefragte Meeräschen-Rogen

23. Mai 2011 Kurt Bracharz
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Bottarga nennt man den getrockneten Rogen von Meeräsche, Thunfisch und Schwertfisch. Bei uns bekommt man im Handel vorwiegend Bottarga di muggine, den Rogen der Großkopf- oder Gestreiften Meeräsche (Mugil cephalus), die in Italien cefalo, muggine oder volpina heißt. Die italienische Bottarga di muggine kommt aus Sardinien (B. di Cabras) oder aus der Toskana (B. di Orbetello), während Bottarga di tonno – also Rogen vom Thunfisch – aus Sizilien stammt.

In Frankreich wird Boutargue in der Provence erzeugt, wo die Meeräschen (franz. mulet cabot, muge cabot) abgefischt werden, wenn sie im Sommer bei Martigues durch den Kanal vom Binnenbecken Étang de Berre zum Meer schwimmen. In Griechenland fängt man im Herbst denselben Fisch, der hier kefalos oder bafa heißt, im Ionischen Meer, vor allem aber in Lagunen, deren bekannteste die von Messolonghi-Etoliko an der griechischen Westküste ist, und produziert Avgotaraho aus seinem Rogen. Diese griechische Art der Bottarga wird in Holzformen getrocknet und mittels Bienenwachs konserviert. Ein anderes Wort für griechische Bottarga ist Taramas, aber unter dieser Bezeichnung darf auch Karpfenrogen verkauft oder in die Taramosalata genannte Crème gemischt werden. Taramosalata macht man, indem man rindenloses Weißbrot einweicht, ausdrückt und mit Bottarga, Olivenöl, Zitronensaft und Zwiebeln püriert, bis die Konsistenz der einer Mayonnaise entspricht.

Meeräschenrogen, gleichgültig welcher Herkunft, wird in der Küche hauptsächlich auf zwei Arten verwendet, nämlich entweder zusammen mit Pasta oder, dünn geschnitten und mariniert, als Carpaccio bzw. auf Crostini. Bei allen Rezepten mit Spaghetti, Linguine oder ähnlich geformten Nudeln wird geriebene Bottarga immer zuletzt beigemischt, manchmal pur, manchmal, nachdem man sie eine Zeitlang in Olivenöl hat ziehen lassen. Auf keinen Fall wird sie stark erwärmt. Man kann Bottarga sozusagen als Gewürz verwenden (zum Beispiel zusätzlich auf Spaghetti mit Muscheln oder anderen Meerestieren), oder aber die Pasta nur mit Olivenöl, Salz und Pfeffer zubereiten und reichlich Bottarga darüber reiben. Letzteres ist eigentlich das klassische Spaghetti-mit-Kaviar-Rezept, und Bottarga wird ja manchmal als "mediterraner Kaviar" bezeichnet (was allerdings eine Übertreibung ist, wenn damit nicht nur das üblich gewordene Wort für alle möglichen Fischeier verwendet wird, sondern tatsächlich ein Vergleich mit dem echten Kaviar, also den Rogen von Störarten, gemeint ist).

Wer den Geschmack von Bottarga zu intensiv findet, kann ihn durch Butter abmildern. Der Rogen des Thunfischs schmeckt übrigens kräftiger als jener der Meeräsche, der als der delikatere gilt.

Ein Gemüserezept mit Bottarga druckte das deutsche Magazin "Der Feinschmecker" in seiner Ausgabe 6/2011 ab. Der Küchenchef Eric Menchon vom Restaurant "Le Moissonnier" in Köln setzt in einem tiefen Teller auf eine warme Romanacrème (Romanasalat, Wasabi, Geflügelfonds) einen kreisrunden Klecks kaltes Erbsenpüree, auf den er gehackte Sauerkirschen legt. Auf einem Backblech werden leicht geröstetes Pan-ko und geriebene Bottarga mit Butter vermischt, bis Letztere geschmolzen ist, und diese Mischung auf den Teller gestreut.