Das wäre wirklich wichtig

10. August 2011 Rosemarie Schmitt
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Sein Name war Reinhold, aber er war kein Deutscher. Hinten hieß er Glière, doch ein Franzose, nein ein Franzose war er auch nicht. Sein zweiter Vorname, Moritzewitsch, ist ein Hinweis auf seine Herkunft, vorausgesetzt Sie vermuten dahinter keinen meiner kleinen Scherze! Reinhold war der Sohn, des aus dem Vogtland (Sachsen) stammenden Ernst Moritz Glier. Dort war die Familie über Generationen hinweg in Markneukirchen (dem Geburtsort meines Cellos) und Klingental tätig. Reinhold Glières Vater zog als Blasinstrumentenbauer später nach Warschau, um seine Frau kennen zu lernen und sie mit nach Kiew zu nehmen.

Dort eben wurde dann auch ihr Sohn Reinhold geboren. Und weil er ein Junge war, bekam er, wie in Russland üblich, noch den Vatersnamen mit der Endung ewitsch verpasst: Reinhold Moritzewitsch Glière. Und so wurde in Kiew im Jahre 1875 nicht nur ein "Sohn des Moritz", sondern auch ein weiterer russischer Komponist geboren. Zu den Revolutionären der russischen Musik gehörte er nicht, dennoch, oder eben deshalb, waren und sind seine Kompositionen recht beliebt. Bei jenen jedenfalls, die sie kennen lernten, und das sind meines Erachtens viel zu wenige. Dies zu ändern, ist heute mein Ansinnen.

Einer von Glières größten Erfolgen war sein Ballett "Roter Mohn". Unterdrücktes Proletariat, eine tragische Liebe zwischen einer Chinesin und einem Russen, sowie westliche Modetänze trugen dieses Werk in die Herzen der Zuhörer. Weniger bekannt sind seine Klavierwerke, von denen er vergleichsweise wenig komponierte. Um so mehr freut mich, dass die in Berlin geborene junge (?) Pianistin Corinna Simon eine CD ausschließlich mit Werken von Glière einspielte! Die bei "Crystal"-Classics (im Vertrieb von Q-rious Music) erschienene Aufnahme ist keinesweg curios (engl.), auch nicht zeitgenössisch schwer zu verdauend experimentell. Seine Klavierwerke sind vielmehr etwa wie sein Name.

So strukturiert wie ein deutscher Reinhold, so temperamentvoll, extrovertiert und schneidig wie ein russischer Moritzewitsch, aber auch so melodisch, romantisch und verspielt wie ein französischer Glière. Von verspielen kann bei Corinna Simon hingegen keine Rede sein! Man hört, wie sehr sie sich mit den Stücken (Mazurken, Romanzen, Préludes) beschäftigte. Sie entdeckte nicht bloß gemeinsam mit einem Musikwissenschaflter zahlreiche Partituren Glières in der Staatsbibliothek Berlin, sondern offensichtlich und hörbar überdies ihre Affinität (hat keinen zoologischen Bezug) zu dessen Musik.

Dass Corinna Simon geboren wurde steht außer Frage, wann, steht nirgendwo. Jedenfalls habe ich es bei meinen Recherchen nicht herausfinden können. Sollten Sie dieses vermutlich typisch weibliche Geheimnis lüften, freue ich mich über einen entsprechenden Kommentar. Nicht, dass es wirklich wichtig wäre, aber Sie kennen mich ja...

Die CD Reinhold Glière – Piano Works von "Crystal"-Classics erschien in der Serie Piano Rarities und enthält Kompositionen aus den Jahren 1905 bis 1909. Glière schrieb diese also als junger Mann zwischen seinem 30. und 35. Lebensjahr. Nicht, dass es wirklich wichtig wäre...

Prima, Reinhold Moritzewitsch Glière! Ich danke Ihnen! Diese Musik ist nicht nur eine wichtige Bereicherung für mein CD-Regal, sondern auch für meine musikalische Seele.

Herzlichst,
Ihre Rosemarie Herbertowna Schmittewna