Das Nahe und die Ferne

Die Ausstellung "Das Nahe und die Ferne" vereint fotografische Arbeiten, die ein besonderes Raumgefühl vermitteln und damit den Blick auf Realität herausfordern und erweitern. Die Künstlerinnen und Künstler loten Grenzen aus zwischen dem Tastbaren und Tatsächlichen auf der einen Seite und dem weit Entfernten, dem Angenommenen, Erahnten oder Ersehnten. Die Fotografie bleibt dabei ihrer abbildenden Tradition treu.

Das Bild entsteht unmittelbar in der Kamera, technische Eingriffe oder Manipulationen spielen keine Rolle. Trotz – oder gerade wegen – ihrer tatsachenorientierten, technisch nachvollziehbaren Fotografie strahlen die Arbeiten etwas schwerlich Greifbares aus.

Mit seiner mehrfach ausgezeichneten Arbeit "La Chute" (Der Fall), 2005-06, gelingt es dem französischen Fotografen Denis Darzacq die Grenzen von Raum und Zeit aufzuheben, und dabei das politische Statement mit dem visuellen Staunen zu verbinden. In Anspielung auf die brisante und gewaltbereite gesellschaftliche Stimmung in Frankreichs Vorstädten im Jahre 2005 suchen Darzacqs "Fallende" die ästhetische Nähe zu einigen der schockierendsten Bilder vom 11. September. Die Arbeit gewann den World Press Photo Award der Kategorie Kunst.

Für ihr Fotoarbeit reiste die Finnin Sanna Kannisto (*1974) nach Südamerika, wo sie mehrere Monate zusammen mit Wissenschaftlern auf Forschungsstationen lebte, um dort eigene künstlerische Recherche zu betreiben. In ihre persönliche Sicht auf die vielfältige und exotische Fauna und Flora des Regenwaldes übernahm sie vermeintlich objektive wissenschafliche Arbeitsmethoden, deren Entrücktheit sie uns in ihren Bildern vor Augen führt.

Im ersten Kapitel ihrer Arbeit "Find a Falling Star" beschäftigt sich Regine Petersen mit einem Meteoritenfall in den Südstaaten der USA. Das Ereignis von 1954, bei dem eine Frau in ihrem Haus von einem durch das Dach fallenden Meteoriten getroffen wurde, ist hierbei der Ausgangspunkt für eine fotografische Spurensuche. Entstanden sind Denkbilder, in denen es nicht um eine Aufklärung der Vorkommnisse geht, sondern um eine Hinterfragung dessen, wie Zeit, Erinnerung und Geschichtsschreibung funktionieren, und um den Versuch, eine Verbindung zwischen dem Alltäglichen und dem Universellen herzustellen.

"Dying Birds" ist ein Gemeinschaftsarbeit der dänischen Künstler Trine Søndergaard und Nicolai Howalt und zeigt Vögel, die vom Himmel fallen. Die im alten Edeldruckverfahren der Photogravur hergestellten Bilder sind angegliedert an ihr Projekt "How to Hunt".

Ausgangsmaterial für die Serie "camera" sind Gemälde, die Bernadette Wolbring in "interpretierenden Reproduktionen" auf die Charakteristika ihrer gemalten Lichtverläufe reduziert. Die Ergebnisse werden als Tapeten gedruckt, in kleinen Miniatur-Modellräumen installiert und abschließend fotografiert. Im Foto und durch die "camera" verbindet und transferiert die Künstlerin das gemalte Licht mit den realen Lichtsituationen der Modellarchitektur. Im medialen Wechselspiel um das Phänomen Licht fragen Wolbrings Fotografien nach den Ursprüngen der Bilder.

Beteiligte KünstlerInnen: Denis Darzacq (F), Sanna Kannisto (FI), Cristina de Middel (ES), Regine Petersen (D), Linn Schröder (D), Trine Sondergaard / Nicolai Howalt (DK), Kim Sperling (D), Bernadette Wolbring (D)

Das Nahe und die Ferne
Fotografie und Raum
6. April bis 12. Mai 2013