Crossing Europe 2014: Junges europäisches Kino in Linz

25. April 2014
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Zum elften Mal richtet das Linzer Filmfestival Crossing Europe (25. - 30. April) den Blick auf den jungen europäischen Autorenfilm. 184 Filme aus 37 Ländern wurden ausgewählt, wiederum wird in der Reihe "Local Artists" das lokale Filmschaffen gepflegt und in der "Nachtsicht" werden wie gewohnt Beispiele des aktuellen europäischen Horror- und Actionfilms präsentiert.

Nicht wie bisher von Dienstag bis Sonntag, sondern auch – nicht zuletzt aufgrund des späten Termins von Ostern – von Freitag bis Mittwoch findet heuer Crossing Europe statt. Eröffnet wird das Festival gleich mit sechs Filmen, die schon auf die unterschiedlichen Sektionen Lust machen sollen.

Neben Jonathan Glazers Science-Fiction-Film "Under The Skin", in dem Scarlett Johansson die Hauptrolle spielt wird mit "Un château en Italie" Valeria Bruni Tedeschis dritte Regiearbeit gezeigt. Einen bedrückenden Einblick in die Situation von Flüchtlingen bietet der Dokumentarfilm "L´escale" des in der Schweiz lebenden Iraners Kaveh Bakhtiari.

Die Schiene "Local Artists" wird mit den Dokumentarfilmen "Double Happiness", in dem sich Ella Reidel mit der chinesischen Kopie der oberösterreichischen Touristenattraktion Hallstatt auseinandersetzt, und Dieter Strauchs Porträt der Linzer Hip-Hop-Formation Texta ("Texta In & Out“) eröffnet. Am späteren Abend startet dann noch die "Nachtsicht" mit Àlex de la Iglesias´ "Las brujas de Zugarramurdi – Witching and Bitching".

Neun erste oder zweite Kinofilme konkurrieren an den folgenden Tagen um den mit 10.000 Euro dotierten Crossing Europe Award. Spanien ist hier mit zwei Produktionen vertreten. Carlos Marques-Marcet erzählt in "Long Distance" von einer Fernbeziehung in Zeiten moderner Telekommunikation, Liliana Torres verarbeitet dagegen in "Family Tour" Autobiographisches. Mit der Empfehlung des Max-Ophüls-Preis kommt Jakob Lass´ ungewöhnlicher Liebesfilm "Love Steaks" nach Linz, während Alberto Fasulos "TIR" letzten Herbst beim Filmfestival von Rom den Hauptpreis erhielt.

Die weiteren Wettbewerbsfilme führen nach Korsika ("Les apaches"), erkunden den emotionalen Zustand junger Moldawier ("La Limita de jos a cerului"), schildern die Entfremdung eines türkischen Paares ("Hayatboyu – Lifelong") sowie den Umgang mit Trauer ("Violet"), aber mit "Via Castellana Bandiera" fehlt auch eine rasante italienische Sozialstudie nicht.

Doch nicht nur der Wettbewerb, sondern auch die Sektionen "European Panorama Fiction" und "European Panorama Documentary" bieten einerseits einen Eindruck von der Vielfalt und Stärke des jungen europäischen Kinos, andererseits aber auch von der Befindlichkeit der Menschen dieses Kontinents. Neben den neuen Filmen von Glazer und Bruni Tedeschi, kann man im "European Panorama Fiction" auch Catherine Breillats "Abuse of Weakness" oder Lionel Baiers Komödie "Les grandes ondes" entdecken.

Wie bei den Wettbewerbsfilmen werden wohl auch nur wenige Filme dieser Sektion einen Verleiher finden und damit den Sprung in die Kinos im deutschsprachigen Raum schaffen. Umso wichtiger ist somit dieses Festivals, das solchen Filmen eine Plattform bietet.

Dass bei der Programmierung keine Kompromisse gemacht werden, zeigt auch die Schiene "European Panorama Documentary", deren Filme auf Menschen am Rand der Gesellschaft, auf Diskriminierung, Arbeitskampf und verschwindende Traditionen blicken.

Der heurige Tribute ist der Britin Joanna Hogg gewidmet, die sich mit ihren bisherigen drei Spielfilmen "Unrelated", "Archipelago" und "Exhibition" als große Stilistin erwiesen hat. Doch nicht nur Hoggs Langfilme, sondern auch ihre Kurzfilme, je eine Folge für die Fernsehserien "Casualty" und "Eastenders" sowie im Rahmen einer Carte Blanche für die Britin Martin Scorseses "New York, New York" werden in Linz gezeigt.

In der Programmschiene "Arbeitswelten" blickt das Festival auf prekäre Arbeitsverhältnisse und Lohnsklaverei und gibt diesen Schlagwörtern in Dokumentarfilmen aus verschiedenen europäischen Ländern Gesichter. Auf der Wechselwirkung zwischen Raum und Lebensqualität fokussieren fünf Dokumentarfilme, die in der Sektion "Shaping the World" zusammengefasst sind.

Ein reichhaltiges Programm verspricht auch der Programmblock "Local Artists", dessen Bogen sich von Norbert Pfaffenbichlers hoch gelobtem Montagefilm über Boris Karloff ("A Masque of Madness") bis zu einem umfangreichen Kurzfilmprogramm spannt.

Entspannung von den zahlreichen in der europäischen Realität verankerten und diese dokumentierenden Filme bietet für nicht zu zart besaitete Cineasten die "Nachtsicht": Da treiben in Tommy Wirkolas "Dead Snow 2: Red vs. Dead" Zombies ihr Unwesen, Dario Argento widmet sich in "Dracula 3 D" wieder einmal dem Fürst der Vampire und Gareth Evans präsentiert mit "The Raid 2: Berandal" wiederum furiose Action.

Aber auch abseits vom Filmprogramm wird mit einer Nightline mit Djs sowie Diskussionen, Ausstellungen und Events Einiges geboten. – Einem an Entdeckungen reichen und vielfältigen Festival sollte damit auch heuer nichts im Wege stehen.

Trailer zu Crossing Europe 2014