Conrad Gessner 1516–2016. Universalgelehrter und Naturforscher der Neuzeit

Am 16. März 2016 jährt sich der Geburtstag von Conrad Gessner (1516-1565) zum 500. Mal. Das Landesmuseum Zürich widmet dem bedeutenden Schweizer Universalgelehrten eine Ausstellung. Sie entstand in enger Zusammenarbeit mit den Spezialisten der Zentralbibliothek Zürich, die Teile aus Gessners Nachlass und sämtliche seiner über 60 Publikationen in verschiedenen Ausgaben besitzt. Einige Zeichnungen wurden erst vor wenigen Jahren wiederentdeckt und Gessner zugewiesen. Sie sind erstmals seit über 400 Jahren wieder in seiner Geburtsstadt Zürich zu sehen.

Conrad Gessner war einer der bedeutendsten Gelehrten nicht nur in der Schweiz, sondern in ganz Europa. Er beherrschte die alten Sprachen Latein, Griechisch und Hebräisch und verkehrte mit vielen Persönlichkeiten. Über 600 Briefe sind erhalten, was aber nur einem Bruchteil seiner gesamten Korrespondenz entspricht. Im Hinblick auf die Ausstellung wurden erstmals seine bekannten Korrespondenzpartner ermittelt.

In seiner Heimatstadt Zürich, der Gessner sein Leben lang treu blieb, wirkte er als Sprachwissenschaftler, Bibliograph und Lehrer, später als Zoologe, Botaniker und gewählter Stadtarzt. Als Stadtarzt leistete Conrad Gessner Aussergewöhnliches: er studierte die Werke der griechischen Ärzte Hippokrates und Galen und gab ihre Werke neu heraus. 1552 legte er eine Art Arzneimittel-Lehrbuch vor, das sich grosser Beliebtheit erfreute und kurze Zeit später aus dem Lateinischen ins Deutsche, Französische, Englische und Italienische übersetzt wurde.

Gessners grosse Fähigkeit, die Natur eingehend zu studieren und das Gesehene zeichnerisch genau festzuhalten, erkennen wir noch heute an seinen Pflanzenzeichnungen. Einige dieser Zeichnungen sind zusammen mit den wichtigsten Büchern zur Pflanzenkunde aus dem frühen 16. Jahrhundert zu sehen. Gessner gilt als einer der Pioniere der wissenschaftlichen Zeichnung in der Renaissance und publizierte seine Erkenntnisse mit eigens hierfür geschaffenen Illustrationen.

Ein eindrückliches Beispiel für seine wegbereitende Forschungsarbeit ist die Erstveröffentlichung der türkischen Tulpe, die er 1559 in Augsburg gesehen hatte. Berühmtheit erlangte Gessner vor allem durch seine vierbändige Historia animalium, die zwischen 1551 und 1558 beim Drucker Christoph Froschauer in Zürich erschien. Mit dieser Tiergeschichte schuf er als erster ein Inventar der damals bekannten Lebewesen unseres Planeten. Die Bücher prägten das Tierbild bis ins 18. Jahrhundert, als George Louis Leclerc Comte de Buffon (1707–1788) und nach ihm Alfred Edmund Brehm (1829–1884) neue Tierenzyklopädien veröffentlichten. Gessner beeinflusste auch die Künstler seiner Zeit und nachfolgender Generationen, wie es die in der Ausstellung gezeigten Bilder, Zeichnungen, Karten und Stickereien dokumentieren.

Gessners erste umfangreiche Publikation, die Bibliotheca universalis, ist das älteste Verzeichnis aller Werke, die handschriftlich oder gedruckt in hebräischer, griechischer und lateinischer Sprache verfasst worden waren, und erschien 1545. Gessner gab seine Bücher vorwiegend bei Christoph Froschauer in Zürich heraus, auch ihm ist eine Sektion gewidmet. In der Ausstellung erinnert die Nachbildung einer Spindeldruckpresse aus dem 16. Jahrhundert an die Grundlage für Conrad Gessners publizistische Erfolge.

Ein neuer Dokumentarfilm der Universität Zürich zu Conrad Gessner sowie Hörstationen, Touch-screens, Bildprojektionen und eine Diaschau, die den Druckvorgang bei einer Spindeldruckpresse erläutert, ergänzen die Ausstellung. Mehr als ein Dutzend Sachverständige aus dem In- und Ausland untersuchen Gessners Leistungen und Verdienste in den verschiedenen Fachgebieten. Die Beiträge reichen von Botanik und Buchwissenschaft über Linguistik und Medizin bis hin zu Wappenkunde und Zoologie. Erstmals werden auch neu entdeckte Dokumente und Zeichnungen Gessners einem breiten Publikum vorgestellt.


Conrad Gessner 1516–2016
Universalgelehrter und Naturforscher der Neuzeit
17. März bis 19. Juni 2016