Comic in der Weserburg

Bremens Museum für moderne Kunst greift das Thema "Comic" auf spannende und überraschende Weise auf. Die aktuellen Erfolge von Comicadaptionen im Kino wie auch das große Interesse an Manga und Graphic Novels unterstreichen die Popularität, die Comics mittlerweile in der breiten Öffentlichkeit genießen. Es handelt sich längst nicht mehr um ein Jugendphänomen. "KABOOM! Comic in der Kunst" verspricht in diesem Umfeld ein besonderes Ausstellungsereignis zu werden.

Gezeigt werden Arbeiten von über 30 internationalen Künstlerinnen und Künstlern. Sie demonstrieren eindrucksvoll den Einfluss von Comics auf die zeitgenössische Kunst seit den 1950er Jahren bis heute.

Comicstrips und Cartoons waren für Künstlerinnen und Künstler von Beginn an eine stetige Inspirationsquelle. Doch erst mit der britischen und amerikanischen Pop Art erhielt die Sprechblasen-Welt im großen Stil Einzug in die Galerien und Museen. Roy Lichtenstein, Öyvind Fahlström und viele andere übernahmen die Ästhetik des Comics in ihre Malerei. Sie unterliefen damit provokativ die Trennung von Populärkultur und etablierter Kunst.

Lebhaft veranschaulicht die Ausstellung, wie Künstlerinnen und Künstler die Bildwelten und formalen Besonderheiten des Comics nutzen. Sie arbeiten genreübergreifend mit Malerei, Collage, Video, Zeichnung und schaffen Skulpturen und raumfüllende Installationen. Dabei bilden sie nicht eine vermeintlich naive und fröhliche Oberfläche ab. Stattdessen hinterfragen sie kritisch ästhetische und gesellschaftliche Phänomene – nicht selten geschieht dies mit Witz, Humor und bissiger Ironie.

Die Amerikanerin Joyce Pensato bringt in ihren schroffen Schwarz-Weiß-Malereien eine andere, dunkle Seite zum Vorschein, die uns mit dem Grotesken und Hässlichen konfrontiert. Martin Arnold benutzt Sequenzen aus Walt Disney Trickfilmen und verwandelt die Helden der Kindheit in gespenstische Wiedergänger. Die Zeichnungen von Raymond Pettibon atmen wiederum den Geist von Punk und Underground. Sie sind in der Lage die Befindlichkeit der westlichen Gesellschaft regelrecht zu sezieren.

Ein übergreifendes Thema ist der Superheld. So ist der afroamerikanische Performancekünstler William Pope. L in einem Supermann-Outfit die gesamte Länge des New Yorker Broadway entlang gekrochen. In seiner bizarren Verkehrung des weißen Superhelden demontiert er augenfällig den Mythos amerikanischer Allmachtsvorstellungen. Die Arbeit mit dem denkwürdigen Titel "The Great White Way" wird für die Ausstellung in einer besonderen Form aktualisiert.

Bereits 1967 hat Keiichi Tanaami, ein Vertreter der japanischen Pop Art, den strauchelnden, gebrochenen Helden in einer Collage zum Thema gemacht. Er schuf damit ein ironisches Gegenbild zum westlichen Einfluss auf die Nachkriegsgesellschaft in Japan.

Die eingeladenen Künstlerinnen und Künstler greifen vertraute Motive und Erzählungen des Comics auf, die sie bearbeiten, dekonstruieren und in neuer Gestalt zusammenfügen. Viele der Arbeiten sind mitunter verstörende Psychogramme der Gesellschaft mit subversiv-politischen Bezügen. Im bewussten Rückbezug auf den Comic gelangt die Kunst so zu neuen visuellen Ausdrucksformen, sie wird zum Ort besonderer ästhetischer Erfahrungen und Erkenntnisse.

KünstlerInnen: Siemon Allen (ZA), Martin Arnold (A), Peter Blake (GB), Dara Birnbaum (USA), William Copley (USA), Erró (IS), Öyvind Fahlström (SE), Gerard Hemsworth (GB), Arturo Herrera (VE), Andy Hope 1930 (D), John Isaacs (GB), Bertrand Lavier (FR), Roy Lichtenstein (USA), Christian Marclay (USA), Kerry James Marshall (USA), Matt Mullican (USA), Juan Muñoz (ES), Rivane Neuenschwander (BR), Chris Ofili (UK), Raymond Pettibon (USA), Joyce Pensato (USA), Sigmar Polke (D), William Pope.L (USA), Mel Ramos (USA), Allen Ruppersberg (USA), Francesc Ruiz (ES), Keiichi Tanaami (J), John Wesley (USA), Sue Williams (USA), Jordan Wolfson (USA) u.a.

Katalog: Zur Ausstellung erscheint im Kehrer Verlag ein Katalog mit Essays von Ingo Clauß, Peter Friese und Guido Boulboullé. Die Publikation bietet Farbabbildungen und Beschreibungen aller Exponate in deutscher und englischer Sprache. Gestaltung: Cabinet Gold van d`Vlies.

KABOOM!
Comic in der Kunst
15. Juni bis 6. Oktober 2013