Cécile B. Evans in der Kunsthalle Winterthur

In ihrem bisher umfangreichsten Werk "What the Heart Wants" (2016) blickt Cécile B. Evans (*1983, lebt und arbeitet in London) in die Zukunft; in eine nicht genauer spezifizierte Zeit "nach K", als die Welt offenbar vollständig neu geordnet wurde. Im Zentrum ihrer nicht-linearen Erzählung steht die Protagonistin "Hyper", ein omnipotentes System, das auf eine unendliche Menge gespeicherter Daten zurückgreifen kann und derart zu einem eigenständigen Wesen geworden ist: Hyper ist gewissermassen die Endstufe in einem Prozess, in dem Hardware, Software und Bewusstsein verschmolzen sind.

Die Liste der in "What the Heart Wants" verhandelten Themen ist beeindruckend: Stammzellenforschung, Terrorismus, Kleiderreglemente für Frauen, die Opferung einer Minderheit zugunsten des Gemeinwohls. Sie werden unter anderem von Hyper, einem teilanimierten Liebespaar, einem Kollektiv von Ohren, einem altmodischen Roboter, der unsterblichen Zelle HeLa oder einer Erinnerung aus dem Jahr 1972 diskutiert. Die Akteure begegnen sich dabei nicht in dem, was wir (noch) Realität nennen, sondern treffen als reine Informationen respektive Datenmengen aufeinander. In dieser Hinsicht mutet die Zeit "nach K" äusserst fortschrittlich an, doch kreisen die Dialoge noch immer um Sachverhalte und Probleme unserer heutigen Zeit und weder hinsichtlich Diskursfähigkeit noch Lösbarkeit scheint man einen Schritt weitergekommen zu sein.

Die hartnäckige Stabilität von Inhalten äussert sich dabei nicht nur auf einer inhaltlichen Ebene, sondern ebenso auf einer emotionalen. Mit dem Erreichen von Autonomie in höchster Komplexität handelt sich das System Hyper nämlich offenbar auch Gefühle und Emotionen ein, die in unserer heutigen Zeit nur den Menschen betreffen. "What the Heart Wants" erweist sich derart zugleich als Hommage an den technischen Fortschritt und an des Menschen vielleicht wichtigste Eigenschaft, nämlich ein zur Liebe fähiges Wesen zu sein. Und anders als in den meisten Zukunftsszenarien, werden die Akteure nicht als Gegenspieler vorgeführt, sondern als Stufen in einem Schöpfungsprozess, der eine dauerhafte Optimierung für alle anstrebt: "What the Heart Wants" ist eine zutiefst menschliche Erzählung.

"What the Heart Wants" ist eine Kommission der 9. Berlin Biennale und wurde von der Kunsthalle Winterthur, De Hallen Haarlem und Kunsthalle Aarhus co-produziert. Für die Installation in der Kunsthalle entwarf Evans ein komplett neues Setting, das auch eine deutsche Übersetzung beinhaltet.


Cécile B. Evans – What the Heart Wants
7. August bis 2. Oktober 2016
Eröffnung: Sa 6. August 16, 17 Uhr