Camille Henrot – Sweet Days of Discipline

Camille Henrots skulpturales, malerisches und filmisches Werk befasst sich mit der Dynamik menschlicher Abhängigkeit, individueller Verantwortung und gesellschaftlicher Probleme in einer zunehmend vernetzten und reizüberfluteten Welt. Die Künstlerin bedient sich zahlreicher Referenzen aus Literatur, Cartoons, Poesie, sozialen Medien, Psychoanalyse und der Banalität des Alltagslebens.

Die erste Einzelausstellung der französischen Künstlerin in der Schweiz ist eine Erkundung des Konzepts der Fürsorge in ihren vielfältigen Ausprägungen, sowohl figurativ wie die Nanny, die Kindergärtnerin oder der Hundespaziergänger, als auch abstrakt wie im Kalender, im Vertrag oder in administrativen Aufgaben. "Ich möchte anerkennen, dass Fürsorge – abgesehen davon, dass sie ein wesentlicher und grundlegender Ausdruck der Liebe und Aufmerksamkeit darstellt – auch ein ambivalenter, verstrickter und bisweilen chaotischer Akt ist", meint die Künstlerin.

Die Ausstellung umfasst über dreissig Werke, von denen viele eigens für die LOK produziert wurden. Die Arbeiten fügen sich zu einer Gesamtinstallation, die eine Art Spielplatz versinnbildlicht, ein Ort der Ablenkung, der Pflege, der Vernachlässigung und geprägt von anstehenden Aufgaben.

Es gibt ein gleichzeitiges Potenzial für Spiel und Gefahr, für Aufmerksamkeit und Zerstreuung. Der Ausstellungstitel ist dem gleichnamigen Roman der italienisch-schweizerischen Autorin Fleur Jaeggy entlehnt. Henrots wie Jaeggys Überlegungen sind geprägt von einem belasteten Verhältnis gegenüber dem Erwachsenwerden, der Etikette, den gesellschaftlichen Normen und kodierten Verhaltensregeln.

Für die St.Galler Ausstellung hat der Komponist und Musiker Mauro Hertig die Klanginstallation "Interrupted Lullabies" realisiert. Sie durchflutet den Ausstellungsraum mit vertrauten und zugleich befremdlich anmutenden Tönen und Geräuschen, die ein Kind in einem Zustand der Hyperfokussierung hört: ein Hund, der sich an den Ohren kratzt, summende Bienen, ein elterliches "Sch". Gesummte Wiegelieder sowie ein vor Ort aufgeführtes Chorstück ergänzen die Komposition und erweitern Henrots Installation eindrucksvoll.

In den letzten zwanzig Jahren hat Camille Henrot (*1978, Paris, Frankreich) eine von der Kritik gefeierte Praxis entwickelt, die Zeichnung, Malerei, Skulptur, Installation und Film umfasst. Inspiriert von Literatur, Poesie, Cartoons, sozialen Medien und der Banalität des Alltagslebens, erfasst Henrots Arbeit die Komplexität des Lebens als Privatperson und globaler Bürgerin in einer zunehmend vernetzten und überreizten Welt.

Mauro Hertig (*1989, Zürich, Schweiz) ist ein Komponist mit einer Reihe von Ensemble-, Kammer- und ortsspezifischen Werken. Er erschafft Bühnenräume als spielähnliche Settings, indem er Klänge von intimer Sprache, Berührung und Anweisungen verwendet.

Camille Henrot – Sweet Days of Discipline
Bis 5. November 2023