"Busker" und Straßenkünstler im Fokus der Kamera

Der Fotograf Nikolaus Walter ist dafür bekannt, dass er in großen Zyklen arbeitet. Manche seiner fotografischen Langzeitprojekte sind im voraus geplant, wie etwa seine Bildrecherche über das Große Walsertal, die sich über Jahrzehnte hinstreckte, andere haben sich aufgrund eines immer wiederkehrenden Interesses an bestimmten Motiven gleichsam „en passant“ ergeben, wie etwa seine Sequenzen über Haartrachten oder Platanen belegen. In diese Sparte hinein fällt auch die Serie der "Straßenkünstler", die der 1945 in Rankweil geborene Fotograf jetzt erstmals im Feldkircher Antiquariat mit Kultcharakter Chybulski öffentlich präsentiert.

Mit den Straßenkünstlern als Motiv hat es bereits vor über 50 Jahren begonnen. 1969 reiste Walter, der damals in England lebte, nach Paris, um für das Londoner Magazin „Amateur Photographer“ eine Fotoreportage über den berühmten Brassaï (1899-1984) zu machen. Im Rahmen dieses Parisaufenthaltes fotografierte der heute in der Montfortstadt Feldkirch lebende und arbeitende Walter vor dem Centre Pompidou einen Entfesselungskünstler, der mit einem Mann zusammenarbeitete, dessen Oberkörper als Zielscheibe für Wurfmesser diente. Auch eine Malerin hatte er damals abgelichtet, die gerade mit einem farbenprächtigen Straßenbild beschäftigt war.

Da Straßenkünstler Überlebenskünstler sind und ihre Kunst eine existentielle Angelegenheit ist, übten sie in der Folge immer wieder eine grosse Anziehungskraft auf Walter aus. So entstanden über die Jahrzehnte immer wieder überraschende und kuriose fotografische Begegnungsszenen. Wie von Walter gewohnt, hielt er stets entscheidende Momente solcher Straßenauftritte im Bild fest, wie die Ausstellung im Chybulski belegt. Berührend etwa der Seifenblasenverkäufer, vor dessen Gesicht unzählige kleine Bläschen tanzen, den Nikolaus Walter um 1975 in Istanbul fotografiert hatte und neben den sich spontan ein Kollege dazu stellte, um ebenfalls an diesem "wichtigen Moment" der fotografischen Aufnahme teilhaben zu können. Oder das Roma-Orchester in Köln. Oder der geigenspielende alte Herr, der mit Schiebermütze und dickem Mantel auf einem Stuhl vor einem Kiosk in Lissabon sitzt und seine Kassa fest zwischen die Knien gepresst hält, damit man sie ihm ja nicht stehlen konnte. Oder der exotisch anmutende Strassenkünstler mit Basthut, der auf Palma de Mallorca im Lotussitz schwerelos über einem fliegenden Teppich zu schweben schien.

Zu manchen Straßenkünstlern haben sich auch Freundschaften entwickelt. So etwa zu dem aus Dublin stammenden „Busker“ (Straßenmusikant) Brian O'Leary. O'Leary hatte bereits im Alter von acht Jahren begonnen, Ziehharmonika zu spielen und seine Familie durch Straßenauftritte finanziell zu unterstützen. Irgendwann ist er im Ländle gelandet, hat hier geheiratet und ist nun immer wieder in Feldkirch neben der Johanniterkirche spielend anzutreffen. Auf einem Foto von Nikolaus Walter ist der Moment festgehalten, als der aus Bosnien stammende Straßenkehrer Pehlivanovic Fikret seine Handschuhe auszieht und beginnt, zu den irischen Musikklängen O'Learys das Tanzbein zu schwingen.

Wie Nikolaus Walter betont, sei es eine Qual gewesen, aus den vielen Aufnahmen von Straßenkünstlern, die in Deutschland, Frankreich, Brasilien, Portugal, Indien, Spanien, Türkei und natürlich Österreich entstanden sind, eine Auswahl zu treffen. Vierzehn erlesene Fotografien ließ er auch in Postkartengrösse drucken. Diese sind nun vereint in einem Schuber erhältlich. Das Titelbild dieses Mäppchen ziert eine Fotografie von Lisa Suitner und Idoya Lopez, die anlässlich eines Gauklerfestivals in Feldkirch entstanden ist. Die auf Clownerie, Schauspiel, Kabarett, Musik und Performance fokussierte Suitner, die sich auf ihren weiten Reisen immer wieder als Straßenmusikantin versucht hat, hat auch den Begleittext zu diesem Mäppchen verfasst.

Die Werke Walters sind, soweit es sich nicht um Auftragsarbeiten handelt, stets direkt aus dem Leben gegriffen. Es sind verdichtete Augenblicke, Gesten, Prozesse, Abläufe, Situationen, die er als Ganzes erfasst und mit der Kamera zum ewigen Bild gerinnen lässt. Nur ganz wenige beherrschen so wie er die Kunst, Nähe und Distanz sowie künstlerische Objektivität und fotografische Aussage im richtigen Maß auszuloten. Dies manifestiert sich einmal mehr in der unter die Haut gehenden Serie der „Busker“ und Straßenartisten.

Nikolaus Walter: Straßenkünstler
Chybulski, Feldkirch
26.2.-20.3.
Eröffnung: 26.2., 17.00 Uhr
Finissage: 20..3., 17.00 Uhr
Jeweils Fr u. Sa, 16-20