Brian O’Doherty - Phases of the Self

Brian O’Doherty (1928-2022) zählt zu den faszinierendsten Figuren der zeitgenössischen Kunst. Das Kunstmuseum Liechtenstein zeigt in der Ausstellung "Phases of the Self" die vielen verschiedenen Facetten und Identitäten des Künstlers, Kunstkritikers und Schriftstellers, der in New York lebte und am 7. November gestorben ist. Im Dialog mit Werken aus der Sammlung des Museums gibt die Präsentation einen Einblick in den Denkraum der zweiten Avantgarde ab den 1960er-Jahren. Zu sehen sind eine Auswahl aus O’Dohertys konzeptuellem Frühwerk sowie Bücher und Zeitschriften aus seinem kunstkritischen und literarischen Schaffen.

Als Kunstkritiker prägte Brian O’Doherty 1976 im Kunstmagazin Artforum den Begriff des "White Cube" und schrieb damit ein wichtiges Kapitel der neueren Kunstgeschichte. Seine später in Buchform publizierten Essays diskutieren und kritisieren die angebliche Neutralität des weissen Galerie- und Museumsraums, der sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts als Modell weltweit durchsetzen sollte. Das Buch zählt heute zu den Standardwerken westlicher Museologie.

Brian O’Doherty hat sich in unterschiedliche Rollen begeben und unter verschiedenen Pseudonymen gearbeitet, um seinen Handlungsspielraum zu erweitern. Als Künstler autorisierte er seine Arbeiten ab 1972 aus Protest gegen die Nordirlandpolitik des Vereinigten Königreichs bis zur Bildung einer nordirischen Regionalregierung und der Wiederherstellung des Friedens in Nordirland 2008 mit dem Namen Patrick Ireland. Unter dem Decknamen Mary Josephson publizierte er Kunstkritiken in "Art in America" zu einer Zeit, als er selber Herausgeber der Zeitschrift war.

In den Kunstkritiken des präzisen Beobachters O’Doherty aus den 1960er-Jahren spiegeln sich nicht nur die Aufbruchstimmung in der Kunst und der Gesellschaft, sondern auch die Animositäten und Konflikte innerhalb der New Yorker Kunstszene, in deren Zentrum er sich bewegte. Er thematisiert die Implosion ästhetischer Kriterien und beschreibt die Kurzlebigkeit von Trends und Karrieren.

O’Dohertys Schaffen tritt in der Ausstellung in einen Dialog mit Arbeiten aus der Sammlung des Kunstmuseum Liechtenstein, etwa von Marcel Duchamp, Joseph Cornell, Louise Bourgeois, Joseph Beuys, Marcel Broodthaers, Marisa Merz, Sol LeWitt, Walter Benjamin, Matts Leiderstam, Kimsooja, Erik Steinbrecher, Paweł Althamer, Saâdane Afif, Latifa Echakhch und Louise Guerra. Phases of the Self stellt Brian O’Doherty als einen der Pioniere der Konzeptkunst vor und zeigt, wie sein Schaffen in die künstlerische Praxis unserer Zeit eingebettet ist, diese spiegelt und kommentiert.

Brian O’Doherty
Phases of the Self
Kuratiert von Roman Kurzmeyer
Bis 15. Januar 2023