Blumen für Kim Il Sung

Die Kunst der Demokratischen Volksrepublik Korea ist außerhalb des Landes weitgehend unbekannt. Die Ausstellung "Blumen für Kim Il Sung" im MAK gibt erstmalig einen umfassenden Einblick in ihre zeitgenössische Kunst, Plakatkunst und Architekturproduktion. Zu sehen ist eine fremde Welt, die durch den Personenkult um die Herrscher Kim Il Sung und seinen Sohn Kim Jong Il bestimmt und von der Juche-Ideologie geprägt ist.

In enger Zusammenarbeit mit der Nationalgalerie Pjöngjang werden an die 100 Werke – Ölbilder, Tuschmalerei, Aquarelle – und 30 ausgewählte Plakate präsentiert. Zudem werden großformatige Porträts der beiden Präsidenten Kim Il Sung und Kim Jong Il in der Ausstellung zu sehen sein. Ein eigener Abschnitt ist der Architektur gewidmet, in dessen Mittelpunkt ein Modell des sogenannten Juche-Turms, des höchsten Steinturms der Welt, steht, das im Auftrag des MAK angefertigt wurde. Dabei handelt es sich um eines der vielen Monumente, die anlässlich des Geburtstags von Kim Il Sung errichtet wurden und einen Eindruck von der stadtplanerischen Idee vermitteln, die dem Wiederaufbau Pjöngjangs zugrunde liegt. Darüber hinaus ist ein Programm in Planung, das ergänzend eine Auswahl von Filmen aus der Demokratischen Volksrepublik Korea zeigen wird.

In der Regel gibt es zwei zentrale Kategorien in der Ölmalerei der Demokratischen Volksrepublik Korea: Einerseits traditionelle Themen wie Porträts, Landschaften, Szenen aus dem täglichen Leben der Werktätigen, Arbeiter, Bauern etc. und andererseits Darstellungen der beiden Präsidenten. Gebirge, idyllische Seengebiete bis hin zu impressionistisch anmutenden Landschaftsansichten werden eher traditionell dargestellt. In der Malerei werden die Errungenschaften des Staates und seiner Arbeiter gerühmt, Motive dafür liefern Straßenbau, Fabriken etc. sowie stolze, glückliche Menschen. Porträts der Präsidenten nehmen in der Demokratischen Volksrepublik Korea eine besondere Stellung ein, da sie als Nationalheiligtum gelten. Zum ersten Mal verlassen diese Bilder die Nationalgalerie Pjöngjang, um im MAK ausgestellt zu werden. Sie zeigen Vater und Sohn in der Regel mit Vertretern aus dem Volk in den unterschiedlichsten Situationen. Betont wird hierbei immer wieder die Nähe zu den Einwohnern.

Die Tuschmalerei war neben der Kalligrafie die traditionelle Maltechnik, sie wurde allerdings erst in den späten 1950er Jahren als koreanische Kunstfertigkeit wieder anerkannt. Sie wird allmählich von offizieller Seite geschätzt und in den großen Künstlerstudios zu allen Themen ausgeführt.

Bei Plakaten handelt es sich um Propaganda, die das politische System widerspiegeln. Sie zeigen auch sehr deutlich die Überzeugung und Entschlossenheit einem ideologischen Pfad zu folgen, der nicht angezweifelt wird. Anhand der Plakate lassen sich aber auch politische Entwicklungen nachverfolgen, ihre graduelle Veränderung im Zusammenhang mit den nationalen und internationalen Umständen. Gestalterisch gesehen stellen sie eine koreanische Variation der bekannten Propagandaplakate der Sowjetunion und der Volksrepublik China dar.

Partei- und Regierungserklärungen werden auf eine Überschrift reduziert und ständig in allen Medien wiederholt. Farben sind ein wichtiges Gestaltungsmittel für die Plakate: Rot, international als Symbol des Sozialismus anerkannt, wird am meisten eingesetzt. Es gibt ganze Plakatserien um das Motiv des Roten Banners. Rot kommt vor allem bei Plakaten zu den Themen Ideologie, politische Mobilisierung, Loyalität und Selbstaufgabe sowie Anti-Amerika-Kampagnen zum Einsatz, da es für Überzeugung, Entschlossenheit und Grausamkeit / Brutalität steht. Blau hingegen symbolisiert Ruhe, Frieden und Harmonie. Die koreanische Halbinsel wird auf Flaggen, die für Veranstaltungen beider Koreas benützt wird, in Blau dargestellt.

Der Mensch als Herr seines Schicksals steht ebenfalls im Fokus der Plakatkunst dieses Landes. Er wird selten als Individuum dargestellt, sondern als Prototyp einer sozialen Gruppe, versehen mit den dazugehörigen Attributen. Erstaunlicherweise erscheinen die beiden Präsidenten nicht auf den Plakaten. Sie beziehen sich jedoch sehr häufig auf historisch wichtige Persönlichkeiten oder Begebenheiten und schaffen somit einen geschichtlichen Rahmen für tagespolitische Ereignisse.

Pjöngjang wird als "Paradies auf Erden" und für "öffentliche Kunst", als "Lohn aller Entbehrungen" bezeichnet. Nach der Zerstörung während des Koreakriegs (1950–1953) wurde es nach Vorbildern sowjetischer und chinesischer Städte als Beispiel des modernen koreanischen Staates komplett neu aufgebaut. Es ist geprägt durch große Boulevards mit Hochhäusern und imposanten Gebäuden für das öffentliche Leben (Theater, Veranstaltungshallen, Staatsmuseum). Bestimmend für das Erscheinungsbild der Stadt sind ebenfalls die Memorialbauten, die zu Ehren des Präsidenten Kim Il Sung errichtet wurden: Juche-Turm, Triumphbogen, Mausoleum. In der Ausstellung werden neben dem Modell des Juche-Turms auch Pläne, Fotomaterial und Entwurfzeichnungen zu sehen sein.

In Diktaturen hat Kunst eine soziale Funktion. Sie stellt keinen eigenen Wert dar, sondern ist dem revolutionären Prozess untergeordnet. Die Künstler nehmen eine Sonderstellung ein. Sie sollen in ihren Arbeiten die richtige Einstellung, Verhaltensweisen, Moral sowie Werte darstellen und vermitteln. Erziehung und Kultur sind im Falle der Demokratischen Volksrepublik Korea die wichtigsten Schauplätze für die Revolutionierung des Individuums und für die Vermittlung des neuen Ethos. Die Ausbildung der Künstler besteht nicht nur aus dem Erlernen künstlerischer Techniken, eine wichtige Komponente ist auch das ideologische Training.

Generell sind es jedoch so viele unterschiedliche Maler, dass keiner von ihnen wirklich hervorsticht, vielmehr stehen in diesem Fall die Inhalte der Objekte im Vordergrund. Im MAK ausgestellt sind z.B. Jong Hui Jin, er hat zwei Bilder des "Great Leaders Kim Il Sung" gemalt, Kwak Hung Mo, von dem zwei Plakate aus dem Ende der 50er, Anfang 60er Jahre stammen oder Kim Kyong Hun, der 2010 zwei Plakate schuf.

Alle Künstler in der Demokratischen Volksrepublik Korea sind Mitglieder der staatlichen Künstlervereinigung und erhalten ein monatliches Gehalt. Im Gegenzug müssen sie eine bestimmte Anzahl von Bildern produzieren. Es gibt große Studios oder büroähnliche Settings, wie z.B. das Mansudei- Künstlerstudio. Es wird gefordert, dass die Künstler täglich regelmäßigen Arbeitszeiten nachgehen und absolut linientreu agieren. Abstrakte oder konzeptuelle Kunst ist verboten, daher sind die Themen limitiert. Das Ausstellungswesen liegt völlig in der Hand von staatlichen Organisationen, privat organisierte Präsentationen gibt es nicht. Stilistisch gesehen ist die Kunst keine Imitation des sozialistischen Realismus der ehemaligen Sowjetunion. Ähnlich wie in der Politik hat sich in kultureller Hinsicht eine auf koreanische Tradition ausgerichtete Variante entwickelt.

Katalog: Zur Ausstellung erscheint die Publikation "Blumen für Kim Il Sung. Kunst und Architektur aus der Demokratischen Volksrepublik Nordkorea", herausgegeben von Peter Noever, deutsch/englisch/koreanisch, MAK Wien/Verlag für moderne Kunst Nürnberg, 2010. Erhältlich im MAK Design Shop.

Blumen für Kim Il Sung
19. Mai bis 5. September 2010