Bildhauer des Minimalismus Carl Andre †

Mit dem Bildhauer Carl George Andre ist am vergangenen Mittwoch (24. Jänner) ein Hauptvertreter der Kunstrichtung "Minimalismus"  in einer Pflegeanstalt in Manhattan (New York) im Alter von 88 Jahren gestorben. Andre kam 1935 in Quincy im US-Bundesstaat Massachusetts zur Welt. Von den Künstlern seiner Zeit schätzte er besonders Frank Stella, mit dem er 1958/59 zusammenarbeitete, und vor allem Constantin Brâncuși, mit dessen Skulptur "Endlose Säule" (1937/38) er sich lange und intensiv auseinandergesetzt hat. Brâncuși wird von manchen Kunsthistorikern als Vorläufer der Minimal-Art angesehen, während Andres erste skulpturale Arbeit, die neun geschichteten Pyramiden, als erste minimalistische Arbeit überhaupt eingeordnet wird. Andres frühe Arbeiten kreisen um das Problem eines "Schnitt in den Raum", und in Brâncușis Arbeit sah er verwandte Tendenzen. In den folgenden Arbeiten konzentrierte er sich auf raumgreifende Anordnungen von Linien, Reliefs oder Flächen aus verschiedenen Materialien, wie unbearbeitetem Holz, Holzbohlen, Ziegelsteinen, Granitblöcken, Kreidestücken oder flachen Stahl-, Aluminium-, Blei-, Zink-, Magnesium- und Kupferplatten, die gelegentlich in angrenzende Räume übergreifen. (vgl. dazu Wikipedia)

Ab Mitte der 1960er Jahre konzentrierte sich Andre auf extrem flache Skulpturen, auf sogenannte "Floor Pieces": Felder, die aus quadratischen oder rechteckigen Platten aus verschiedenen Materialien, meist Metallen, bestehen, die Kante an Kante gelegt sind, die daher keine Schatten werfen und die vom Betrachter betreten werden können.    

Die sinnliche Wahrnehmung des Betrachters, der das Feld betritt, die unterschiedlichen Materialien unter seinen Füßen spürt, die unterschiedlichen Klänge und Töne beim Betreten der verschiedenen Platten hört und der die Veränderungen des Lichts auf den Materialien durch seinen eigenen Schatten sehen kann, wird in Andres Skulpturen gefordert. Andre nennt seine Skulpturen roads, Straßen, und zones, Zonen oder Gebiete. Das heißt, dass sowohl der Raum um das Kunstwerk und über dem Kunstwerk Teil desselben ist, dem der Betrachter nicht in der Distanz, frontal, gegenübersteht, sondern dass er sich im Raum des Kunstwerks selbst befindet, welches er von innen mit allen Sinnen wahrnimmt.    

Der Ruf von Carl Andre, der sich selbst gern als bärtigen Kauz in Arbeitskleidung präsentierte, wurde nachhaltig beschädigt, als er sich 1988 wegen des Verdachts des Mordes an seiner Frau, der Künstlerin Ana Mendieta, vor Gericht verantworten musste. Er wurde freigesprochen. Mendieta war im September 1985 aus dem Fenster der gemeinsamen Wohnung im New Yorker Greenwich Village gestürzt und gestorben. Ob es Unfall oder Selbstmord war oder ob Carl  Andre sie im Streit aus dem Fenster gestoßen hatte, wurde vor Gericht lange und kontroversiell diskutiert.