Bilder aus den Zwischenräumen

3. Mai 2013 admin
Bildteil

Der Klappentext: Aus Bildern werden Geschichten. Berührend die Geschichte eines Jungen, dessen Vater sich endlich Zeit nimmt für eine Radwanderung. So sehnsuchtsvoll oder auch so geheimnisvoll. "Wenn das Geheimnis zu groß ist, leistet man keinen Widerstand." Vielleicht gilt das für alle Geschichten der Autorin.

Wir erwarten mit Spannung das Ende und jedes Mal sind wir überrascht, dass es doch anders kommt. Nach "Hanna" kann man die Träume verstehen und lässt die Bilder zu, ohne sich dagegen zu wehren. Ein empfehlenswertes Buch, nicht nur für den Nachttisch; vor dem Einschlafen eine traumreiche Inspiration.

Meine Gedanken zu dem Buch: 20 Geschichten auf gerade mal 136 Seiten. Es sind also kleine Geschichten, könnte man meinen. Könnte man, doch tut man nicht, nachdem man auch nur eine einzige davon las. Es sind große Geschichten mit wenigen Worten! Wenige Worte, die eine Fülle an Gedanken und Überlegungen gebären, die zu adoptieren sich lohnt. Es sind durchaus keine lustigen Erzählungen und das Schmunzeln während ich las, entstand vielleicht aus einer Verlegenheit heraus, aus einer Scham, aus dem Gefühl ertappt worden zu sein, aus einem Mitgefühl der Ohnmacht.

Die Luxemburger Schriftstellerin Marielys Flammang, deren Muttersprache eben nicht die deutsche ist, fasziniert mit einer ganz aussergewöhnlichen Art des Schreibens und Formulierens. Ihre Erzählungen sind Fragmente eines Lebens - oder eines Traumes? Flammang nimmt eine Person und eine Situation. Realität oder Traum? Die Autorin baut ihre Erzählungen geschickt auf, lässt den Leser die Situation erleben, sehen, ja, beschreibt "vorbildlich" und beeindruckend, vieles ist klar, einiges möglich und nichts unmöglich. Sie überlässt es den Lesenden die Geschichte zu der ihren zu machen, sie aufzulösen oder eben nicht, Wege zu suchen, die der anderen zu sehen oder sich der selbst gegangenen Wege zu erinnern.

Ich las die Texte nicht an einem Stück hintereinander sondern „musste“ das Gelesene erst einmal verdauen. 11 der 20 Erzählungen wurden von dem luxemburgischen Künstler Raymond Weiland illustriert. Illustrare, bedeutet im Lateinischen "erleuchten, erklären, preisen". Und in der Tat schafft es Weiland, mit seinen eigentlich düsteren Illustrationen, so manche Erklärung und kleine Erleuchtung hervorzubringen.

Welche der Erzählungen mir am besten gefällt, mich am meisten beeindruckt und berührt, werde ich Ihnen nicht verraten. Ich gäbe zu viel von mir preis. Gewiss lehne ich mich nicht zu weit aus dem Fenster zu behaupten, dass es jedem von Ihnen, mit mindestens einer dieser Geschichten, genau so geht – genauso gehen wird.

"Dem Schicksal entgeht keiner. Die Flucht davor beschleunigt nur die Begegnung damit." (Marlielys Flammang aus der Erzählung G.)

Marielys Flammang: Bilder aus den Zwischenräumen. Erzählungen
Illustriert von Raymond Weiland. 136 Seiten mit 11 s/w-Abb. Pb. Euro 9,90 (D). ISBN 978-3-8301-0828-3. R.G. Fischer Verlag