Beuys und Bär

3. Dezember 2012 Kurt Bracharz
Bildteil

Laut Wikipedia sind Gummibären "verschiedenfarbige Fruchtgummis in Form von etwa zwei Zentimeter großen, stilisierten Bären". Sie bestehen hauptsächlich aus Zucker und Zuckersirup, der durch Gelatine seine Form und seine Konsistenz erhält. Dazu kommt natürlich noch etwas Chemie zwecks Färbung und Geschmack. In Österreich und in der Schweiz gibt es noch ein ganz anders zusammengemischtes "Gummibärli", hier wird ein Mixgetränk aus Red Bull und Wodka seines Geschmacks wegen so genannt.

Im Unterschied zu vielen anderen Süßigkeiten ist bei den Gummibären der Erfinder bekannt: Das Unternehmen Haribo des Bonners Hans Riegel brachte die Gummibären 1922 als "Tanzbären" auf den Markt und benannte sie 1967 in "Goldbären" um. Die mittlere Größe des "Goldbären", den es klein, mittel und groß gibt, entspricht der ursprünglichen des "Tanzbären". Mittlerweile gibt es eine Reihe von Herstellern, aber Ha(ns)Ri(egel)Bo(nn) ist immer noch Marktführer. Wer mag, kann Gummibären auch in der eigenen Küche produzieren, im Internet findet man z. B. auf chefkoch.de 101 Gummibärchenrezepte.

Intellektuelle haben sich vom Gummibären faszinieren lassen, so schrieb zum Beispiel der Schriftsteller Peter Glaser in dem Aufsatz "Das Gummibärchen. Ansätze zu einem tieferen Verständnis" (in "Glasers Heile Welt", Köln 1988): "Freilebende Gummibärchen gibt es nicht. Man kauft sie in Packungen an der Kinokasse. Man wühlt in den Gummibärchen, man fühlt sie. Gummibärchen haben eine Konsistenz wie weichgekochter Radiergummi. Die Tastempfindung geht auch ins Sexuelle. Das bedeutet nicht unbedingt, daß das Verhältnis zum Gummibärchen ein geschlechtliches wäre, denn prinzipiell sind diese geschlechtsneutral. Nun sind Gummibärchen weder wabbelig noch zäh; sie stehen genau an der Grenze. Gummibärchen sind auf eine aufreizende Art weich. Die nächste prickelnde Unternehmung ist das Kauen des Gummibärchens. Es ist ein Katz- und Maus-Spiel. Man könnte zubeißen, läßt aber die Spannung noch steigen. Man quetscht das nasse Gummibärchen zwischen Zunge und Gaumen und glibscht es durch den Mund. Was das Schmecken angeht, wirken Gummibärchen in ihrer massiven Fruchtigkeit sehr dominierend. Zigaretten auf Gummibärchen schmecken nicht gut. Wenn ich das Kino verlasse oder einfach die Packung leergegessen ist, habe ich meist ein Gefühl, als hätte mir einer in den Magen getreten. Und wieder und wieder geht es mir durch den Kopf: Gummibärchen sind geil."

Der Honigpumpenerfinder Joseph Beuys hingegen verachtete das Gummibärchen: "Ja, das Ideal ist der Mensch, demnach ist auch klar: ... als Mensch habe ich mich so entwickelt, durch den Geist, durch das Denken. Ich kann, einmal bildlich gesprochen, ruhig von Wasser und Brot leben. Ich brauche doch nicht Gummibärchen produzieren. Sicher gibt es Nachfrage am Markt, wenn ich ein bißchen mehr Geld in der Tasche habe und nicht weiß, was ich tun soll ... dann kauf ich mir Gummibärchen ... Besteht denn die Gesellschaft aus Gummibärchen und was weiß ich nicht alles, dieser ganze Schund an Möbeln oder falschen Orientteppichen. Du kannst doch hier durch die Straßen gehen, siehst du denn irgendwo ein Produkt, was Menschen brauchen? Ganz selten, manchmal, sieht man eines, aber ganz, ganz selten ..."