Bässer geht’s nicht!

13. April 2011 Rosemarie Schmitt
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Ich gebe zu, und dies offen, daß ich mich etwas zu weit aus dem Fenster (ebenfalls offenen) lehnte, als ich mir vornahm diese CD zu besprechen. Was an sich schon ein unsinniges Vorhaben ist, denn diese ist ja bereits mit Musik bespielt.

Ich sah und hörte sie im Fernsehen, sie beide. Sie, Esperanza (span. Hoffnung), und ihn, den Kontrabass, dessen Name Cariño (span. Liebling) lauten könnte. Es brauchte nicht einmal eine Minute, mich für diese Musik zu begeistern. Esperanza Spalding, die junge zierliche Frau, spielte diesen mächtigen Bass mit einer faszinierenden Leichtigkeit und einer sensationellen Professionalität. Es ist durchaus nicht die erste Frau, die ich Kontrabass spielen sah, doch die erste, die ich dabei derart singen hörte. Diese CD musste ich haben, darüber wollte ich schreiben.

Also stand ich nun da, aus dem Fenster gelehnt und die Aufnahmen von Esperanza Spalding im CD-Spieler. Genau genommen wurde mir die "Sache mit dem Fenster" erst bewußt, nachdem ich die ersten beiden Titel ihres Albums "Chamber Music Society" gehört hatte. Was ich da hörte, unterscheidet sich doch sehr von der Musik, mit der ich mich überwiegend beschäftige. Diese Lady macht wirklich sowohl hervorragende als auch exclusive Musik auf höchstem Niveau.

Esperanza Spalding begann Violine zu spielen als sie fünf Jahre jung war. Mit fünfzehn war sie bereits Konzertmeisterin im lokalen Orchester, mit 20 die jüngste Professorin aller Zeiten am "Berklee College of Music" in Boston. Für ihr einstiges Kammerorchester schrieb sie gemeinsam mit Gil Goldstein (ein herausragender Jazz-Akkordeonist), ungewöhnliche Arrangements für Streicher. Und mit 26 legte sie dieses Album hin!

Esperanza sagte, es sei offensichtlich genau an der Zeit gewesen, und das Ensemble im richtigen Alter, die "Alte Musik" zu ihrer eigenen zu machen. Und wenn Esperanza Spalding das sagt, dann meint sie es auch genau so. Sie macht ihr eigenes Ding, und aus der guten alten Kamermusik ebenfalls. "Chamber Music Society" erklingt in typischer Kammermusikbesetzung mit der Violine, der Viola, dem Cello und dem Kontrabass. Dazu vereinen sich ein Klavier und das Schlagwerk. Spaldings Gesang begleitet mal in englisch, spanisch oder portugiesisch, wie es gerade passt. Und es passt immer! Ich gebe zu, daß ich mich in diese sehr originellen und aussergewöhnlichen Jazz-Kompositionen erst "hineinhören" musste, aber als ich in dieser Musik drin war, fiel es mir schwer, mich wieder von ihr zu lösen. Da duftete es geradezu nach Bassmati und Bassilikum und das Herz begann im Rhythmus eines Bassa Nova zu schlagen.

Sowohl das Album "Chamber Music Society" (Label: Heads up), als auch die bereits im April 2010 erschienene CD "Junjo" (Label: Connector Records) werden von "Inakustik" vertrieben. Und wenn das Unternehmen "Inakustik" sich für den Vertrieb einer Aufnahme entscheidet, so können die Liebhaber guter und aussergewöhnlicher Musik sich auf beste Klangqualität verlassen.

Aus dem Album "Junjo" stammt übrigens der Titel "Loro", der mich dazu bewog, mich aus dem Fenster zu lehnen, mich auf die Musik von Esperanza Spalding und ihr "Bassgeflüster" einzulassen, um sie anschließend bewundernd zu mögen. Diese Musikerin ist großartig und sensationell gut. Das Gegenteil zu behaupten, grenzte gar an "Bassphemie". Bässer geht’s nicht! Bassta!

Herzlichst,
Ihre Rosemarie Schmitt