Audiocollage von Dara Birnbaum zu Bruckner Symphonie

Das Belvedere in Wien zeigt in der Reihe "Carlone Contemporary", in der im barocken Carlone-Saal des Oberen Belvedere Werke zeitgenössische Werke präsentiert werden, die Installation "Bruckner: Symphonie Nr. 5 B-Dur" der amerikanischen Künstlerin Dara Birnbaum. Die Präsentation würdigt den 200. Geburtstag von Anton Bruckner (1824-96).

In einer Audiocollage stellt Birnbaum Interpretationen der Komposition durch die Dirigenten Wilhelm Furtwängler und Otto Klemperer gegenüber, um die enge Verflechtung der Rezeption dieses Stücks mit ideologischen Rahmenbedingungen in den Blick zu nehmen. Anhand von Schlüsselstellen der Partitur arrangiert die Künstlerin die akustische Gegenüberstellung der beiden Interpretationen und ergänzt diese um historische Filmaufnahmen von Klemperer und Furtwängler.

Die 5. Symphonie ist durch intensive Umarbeitungen durch Bruckner selbst, aber auch durch den ersten Interpreten, Franz Schalk, der die Uraufführung in Abwesenheit des Komponisten dirigiert, gekennzeichnet und wirft damit schon im Ursprung Fragen der Authentizität und Originalität, wie auch der Interpretation und Rezeption auf. Vor diesem Hintergrund interessiert Dara Birnbaum insbesondere die politische Indienstnahme von Bruckners Werk in der Zeit des Nationalsozialismus, galt es doch als die Lieblingssymphonie Adolf Hitlers. Hitlers Verehrung des Komponisten und die folgende nationalsozialistische Kanonisierung seines Oeuvres äußerte sich unter anderem in der bewussten Ignorierung der von Bruckner intendierten Spiritualität seiner Stücke zugunsten einer propagandistischen Instrumentalisierung.
So verdichtet sich in den Biografien der beiden Interpreten das Verhältnis von Musik und Geschichtspolitik in aller Komplexität und Widersprüchlichkeit: Der als jüdisch verfolgte Dirigent Otto Klemperer wird 1933 mit einem Aufführungsverbot belegt und flieht in die USA, wo er im Gegensatz zu vielen anderen Geflüchteten an seine großen Erfolge anknüpfen kann. Wilhelm Furtwängler hingegen ist in vielfacher Hinsicht als Dirigent und Multifunktionär in das nationalsozialistische System verstrickt, findet sich 1944 auf der "Gottbegnadeten-Liste" des Reichspropaganda-Ministeriums, gerät allerdings immer wieder mit der Autorität in Konflikt und wird 1947 von den alliierten Gerichten von jeglicher Kollaboration freigesprochen.

Dara Birnbaum wurde 1946 in New York, USA, geboren, wo sie bis heute lebt und arbeitet. Als Pionierin der Medienkunst widmet sie sich seit den 1970er-Jahren einer kritischen Auseinandersetzung mit massenmedialen Bildern.

Carlone Contemporary: Dara Birnbaum
Bruckner: Symphonie Nr. 5 B-Dur
Bis 22. September 2024