Atmosphärisches und Selbstreferentielles in der Malerei

Nach "Gedrucktem" setzt sich die Bludenzer Galerie allerArt in ihrer zweiten Ausstellung des neuen Jahres mit "purer Malerei" auseinander. Unter dem Titel "Upsetting the proportions of your ambience", was sinngemäss übersetzt etwa soviel wie "Die Proportionen deines Ambientes stören" bedeutet, trifft das Atmosphärische der Gemälde von Ioannis Malegiannakis auf das Ambiente der Arbeiten von Sarah Bechter. Manfred Egender, Kurator der Galerie allerArt, präsentiert die beiden Kunstschaffenden als eigenständige Positionen nebeneinander, die unter anderem veranschaulichen, was in der Malerei heute möglich ist.

Der 1977 in Athen geborene griechische Künstler Ioannis Malegiannakis kam 2011 über ein Stipendium der Athener Akademie der Bildenden Künste nach Deutschland, und zwar zunächst in die Fachklasse für Malerei der Universität der Künste Berlin und schließlich an die Hochschule für Bildende Künste Dresden, wo er 2015 Meisterschüler von Christian Macketanz wurde. Macketanz selber stellte vergangenes Jahr zusammen mit der Vorarlberger Künstlerin Sophie Thelen, die ebenfalls Schülerin bei ihm war, unter dem Titel "Autonarrativ" bereits auch schon im allerArt aus. Über diese Schiene konnte Egender den Kontakt zu dem talentierten Griechen herstellen, der übrigens bereits früher schon einmal im Rahmen einer Gruppenausstellung im Künstlerhaus Bregenz zu sehen war.

Die Malerische Praxis von Malegiannakis basiert "auf der Erkundung eines entmaterialisierten Bildraumes, der dem Latentbild der analogen Fotografie ähnelt", ist auf der Webseite der Athener Elika Gallery zu lesen, bei der der Künstler 2016 eine Einzelausstellung hatte. Als "latentes Bild" bezeichnet man ein fotografisches Bild, welches auf den lichtempfindlichen Träger (Film) belichtet wurde, aber noch nicht entwickelt und fixiert worden ist. So haben die Gemälde Malegiannakis eine fast geisterhaft atmosphärische Sendungskraft. Durch das Changieren zwischen Auftauchen und Verschwinden des unsichtbaren bzw. potenziellen Raumes, werden die etablierten Mechanismen der bildlichen Repräsentation in Frage gestellt. Malegiannakis: "Mich beschäftigt malerisch der Punkt, an dem das Nachdenken über den Raum, das Licht und den Raum zwischen uns und den Dingen zum Inhalt wird."

Diesem Atmosphärischen von Malegiannakis stehen die neuen Bilder der aus dem Bregenzerwald stammenden Künstlerin Sarah Bechter gegenüber, die zugleich Gemälde, selbstreflektives Motiv und Eigenreferenz in sich vereinen. In der Intention Bechters soll die Malerei nichts als sich selbst zeigen, auf ihre Materialität verweisen, auf ihr Körperhaftes und entsprechend reagieren.

Damit weicht die Künstlerin, die an der Universität für angewandte Kunst in Wien bei Johanna Kandl, Gerhard Müller und Henning Bohl studiert hatte, von früheren Strategien ab, für die sie beispielsweise 2013 mit dem 5. Hubert-Berchtold-Kunstpreis ausgezeichnet wurde. Damals setzte sie sich inhaltlich mit den Architekturen von Spielanlagen in ihrer gesellschaftlich institutionalisierten Form auseinander.

In den neuen Arbeiten stehen hingegen vor allem die Bedingungen und die Ambivalenz der künstlerischen Produktion im Vordergrund. Bechter löst die Schnittstellen zwischen privat und öffentlich, Arbeit und Freizeit, Oberfläche und Linie auf. Ihre Leinwände werden zu Gegenständen mit Eigencharakter und gehen weit über die klassische Funktion des Bildes als Oberfläche für Projektionen hinaus.

Sarah Bechter, Ioannis Malegiannakis:
Upsetting the proportions of your ambience
Galerie Allerart, Bludenz
12. März bis 17. April 2021
Soft-Opening unter Einhaltung der Abstands- und
Maskenpflicht: 11.3., 15:00 bis 19:30 Uhr
Mi-So u. Fe 15-18