Artenne Nenzing: Refugium Karton - Teatro Caprile, Premiere

Groteske Biografien aus der Vojvodina

Der Crossover der Regionen Europas bringt dem Kunstraum Artenne, die Texte eines ungarischsprachig Autors Otto Tolnai aus Serbien und den Südtiroler Verlag "Bücherwürmer", der die Texte herausgibt mit den Vorarlberger Künstlern, SchauspielerInnen und Musikern zusammen, um ein wunderbar poetisches und raues Stück zu inszenieren.

Der Text macht ein Stück "von den Rändern Europas" (K.M.Gauß) erlebbar und verleiht jenen Stimmen und Gesicht, die zwar oft mitten unter uns leben, doch kaum anders denn als "Arbeits" MigrantInnen wahrgenommen werden. teatro caprile ist aufgrund seiner vielfältigen Beziehungen zum CEE Raum und dessen zeitgenössischen AutorInnen besonders prädestiniert um einen Bogen von dort nach zu schlagen und die Vielfalt von Kulturen und Regionen und ihren unterschiedlichen Pulsschlägen für das Theater umzusetzen.

Die weibliche Hauptfigur wird sich in und mit den Refugiumkartons von Alois Galehr ihre Rückzugsscheinwelt erbauen, sie sammelt bereits in Deutschland Kartons und wird sich nach ihrer Rückkehr ins heimatliche Dorf in "Orangenseide" kleiden und von der "Glühwürmchenhochzeit" träumen, bis sie sich in ihren Kartons selbst in Flammen setzt. Ihren verstorbenen Mann hat sie aus Kostengründen in einem PKW nach Serbien transportiert und dort begraben.

Der männliche Part zeigt auf skurrile und auch drastische Weise die Auseinandersetzung mit einer gebrochenen Männlichkeit; schwadroniert in der "Bar zu den sechs Eutern" über seine kruden Vorstellungen von und über Frauen und macht den Verlust dessen, was aus westlicher Sicht auf Gesellschaften im Osten projiziert wird und dort schon lange nicht mehr existent, geschweige denn intakt ist, sichtbar. Irgendwo zwischen Salzsteppe und Tiefebene dekonstruieren die beiden Desperados ihre Lebensentwürfe und Hoffnungen in einer melancholischen und zugleich brutalen Poesie.

Denn schließlich "kann jeder aus einem Leben eine Geschichte machen oder ist als Kind an den Zaun genagelt worden."


Regie: Andreas Kosek
Text: Otto Tolnai
Objekte und Bühnenbild: Alois Galehr
Musik und Gesang: Esther Ammann
Co Regie: Roland Etlinger
Assistenz und Kostüme: Veronika Heingärtner
Spiel: Katharina Grabher und Andreas Kosek

Dienstag, 31. Mai 2022 um 20:00 Uhr
weitere Auftritte 2., 3. und 4. Juni 2022, jeweils um 20:00 Uhr