Architekt W. Pfeifer (1919–1972) wusste es besser

Wie viel verschlingt der gigantische Autobahn-Rundverkehr für die Auf- und Abfahrt Bludenz-Bürs gemessen in beispielsweise Neubauten von Kulturhäusern? Ich bin am Weg nach Schruns, in Bludenz wüsste ich nicht, warum stoppen. Außer damals bei der Recherche für das Buch über den vielbauenden, aber komplett in Vergessenheit geratenen Architekten Werner Pfeifer*. In den 1960er-Jahren plante er landauf landab große Wohnbauten, Schulen, auch in Wien, und eigentlich so gut wie alles in Schruns zu dieser Zeit, wo er auch sein Büro hatte, damals eines der größten in Vorarlberg.

Wenn man früher in Bludenz von der Autobahn abfuhr, wurde unvermittelt ein quasi im Weg stehendes Hochhaus in Blickhöhe des vierten Stockwerks tangiert. Als Identifikationspunkt und Statement für eine internationale Sicht auf die Gesellschaft hat dieses Architekt Werner Pfeifer 1967 mit weitreichenden städtebaulichen Überlegungen konzipiert. Das Gesamtmodell zeigt ein zehngeschossiges Gebäude mit zwei, im rechten Winkel zueinanderstehenden Hochhäusern und bringt sie in den Zusammenhang mit etwas niedrigeren Wohnblöcken und einer dreigeschossigen Sockelzone für Büros sowie für eine Shopping Mall. Da wurde die Herausforderung der Stadt erkannt und als Chance weitergedacht. Bludenz hat einen kleinen Altstadtkern, der zwar nahe am Bahnhof liegt, aber auch zu verkraften, dass die – nicht nur mit ihrem betörenden Puddinggeruch – dominierende Schokoladenfabrik dazwischen steht. Was wäre gewesen, wenn man das Gesamtprojekt des visionären Architekten damals realisiert hätte. Dann gäbe es direkt beim Bahnhof Bludenz keine Brache – ja okay, es ist ein Parkplatz – unter einer absurden Zufahrtsstraßenbrücke, sondern ein Geschäftszentrum, und der Zimbapark in Bürs wäre wohl obsolet. Mit den maßstabslosen Umtrieben an der Autobahnabfahrt wird aktuell ja in krasser Weise sichtbar, was mit dem zynischen Spalt im Gewerbegebiet von Bludenz und Bürs sowie der Aussiedelung eines Einkaufszentrums hier städtebaulich verbockt wurde.

Das Hochhaus in der Färberstraße blieb ein Solitär. Es war trotzdem ein Lieblingsprojekt des Architekten, und dieser genoss bei den regelmäßigen Baustellenbesuchen den Rundumblick vom neunten – so wurde es schlussendlich eingereicht – Stock aus. "Da bauen wir doch noch einen drauf!" Gesagt, getan. Auch zu dieser Zeit resultierten aus solcher Spontaneität große Probleme. Werner Pfeifer löste diese mit kreativer Überzeugungskraft: Die obersten Garçonnièren bekamen bloß Fenster zum nicht betretbaren Balkon. Und weithin für immer sichtbar sind die eleganten Stahlrahmen, anstatt der orangeroten Brüstungsstreifen, im zehnten Stock.

  • rastlos. Architekt Werner Pfeifer. 1919–1972. Vom Montafon bis Tanganjika, 2018 Park Books