Anja Manfredi - Bewegungsbilder

Fotografie ist das zentrale Thema und Mittel der österreichischen Künstlerin Anja Manfredi, der die Galerie OstLicht nun eine umfassende Werkschau widmet. Präsentiert werden rund 60 Arbeiten von 2000 bis heute, die zahlreiche Bezüge des Fotografischen entfalten, es gleichsam in Bewegung bringen. Im Fokus befindet sich dabei der Körper mit seinen vielschichtigen Gesten.

Den Schwerpunkt der Ausstellung bilden neuere und neueste Arbeiten der Künstlerin, die mit ausgewählten Stücken ihres bislang unveröffentlichten Frühwerks oder des bekannten Archivs der Bewegungen (2005-2007) konfrontiert werden. Fotografien, Filmprojektionen und Objekt-installationen treten in einen wechselseitigen Dialog, der so unterschiedliche Motive wie einen fotografischen Posierstuhl, orientalische Teppiche und Pflanzen in Entwicklungsschalen umfasst; durchbrochen und rhythmisiert durch Fotografien von Zeichnungen, die Körperbewegungen in abstrakte Linienmuster übersetzen (Eine Geste wird belichtet, Teil 1, 2012).

Charakteristisch für Manfredis Arbeitsweise ist das Prinzip der Collage. Sie fertigt fotografische Tableaus, die im Spiel mit Bildern im Bild Verdichtungen erzeugen und Assoziationen wecken. Dienten ihr in den ersten Jahren weitgreifende Inszenierungen und Figuren des eigenen Körpers als Material, kommen mittlerweile sowohl Bild- und Textreproduktionen aus diversen Bücherquellen als auch Fotografien von Re-Enactments zum Einsatz. Mit diesen Nachstellungen und Interpretationen durch Personen aus ihrem künstlerisch-wissenschaftlichen Umfeld reflektiert Manfredi historische Körperkonzepte und gesellschaftliche Konventionen – etwa mit Blick auf den Hysteriediskurs des 19. Jahrhunderts (Wiener Teppichläden, 2013) oder die Anfänge des modernen Ausdruckstanzes (Re-Enacting Isadora Duncan mit Roberta Lima I, 2009).

So lässt "Eine Geste wird belichtet" (seit 2011), das aktuell umfangreichste Projekt der Künstlerin, die drei Protagonistinnen – Nicole Haitzinger, Katrina Daschner, Felicitas Thun-Hohenstein – mit Modellen je eines klassischen Instruments der körperlichen Disziplinierung interagieren, einer fotografischen Posevorrichtung, einer Korsettschnürmaschine und einer Ballettstange. Daraus entstanden drei 16 mm SW-Filme, in der Ausstellung analog projiziert, die Manfredi in verschiedene Medien weiterführt, beispielsweise bedruckte Vorhänge, die als Objekte im Raum fotografisches Studioinventar zitieren, oder eine Serie von Fotogrammen, in denen sich weiss auf schwarz Formationen einer Filmrolle abzeichnen (Eine Geste wird belichtet, Teil 2, 2012). Das Filmmaterial wurde dafür im wahrsten Sinne des Wortes auf den fotografischen Träger zurückgeworfen.

Die Bedeutung des Analogen, des fotografischen Akts und Prozesses, ist für die Kunst von Anja Manfredi elementar. Die Frage was Fotografie, dieses sonderbare Schreiben mit Licht, denn eigentlich sei, begleitet ihr Tun in einer Intensität, die es erlaubt "Fotografie als Lebenseinstellung" (Vilèm Flusser) zu attestieren. Letztere wird in einer jüngeren Arbeit besonders schön und pointiert verkörpert, ihrem Selbstportrait mit Graukarte und Zahnschmerzen (2013).

Anja Manfredi - Bewegungsbilder
3. Oktober bis 21. Dezember 2013