Ampersand

Im Jahre 2009 rundete sich die Vergabe des in Südafrika wie international hoch angesehenen "Mercedes-Benz Award for South African Art and Culture" zum 10. Mal. Seit 1999 wurden mehr als 80 südafrikanische Künstler, Musiker, Architekten, Autoren und Modemacher im Land in kulturellen Zentren sowie erstmals auch einem internationalen Publikum vorgestellt. Die zehn Gewinner der verschiedenen kulturellen Sparten waren seither vielfach weltweit in Galerien und Projekten, auf Biennalen oder im Rahmen der Documenta Kassel präsent und zählen zu den avancierten Positionen zeitgenössischer Kunst und Kultur.

Für die Daimler Kunst Sammlung wurde das kulturelle Engagement in Südafrika außerdem durch Erwerb von Werkgruppen der einiger Award Gewinner - Kay Hassan, Jane Alexander, Guy Tillim, Kevin Brand - sowie durch Ankauf exemplarischer Werke etwa von David Goldblatt, Zwelethu Mtethwa, David Koloane, Bernie Searle, Mbongeni Buthelezi, Claudette Schreuders und Robin Rhode begleitet. Diese Werke sind in den vergangenen Jahren verschiedentlich ausgestellt worden, sodass für die aktuelle Ausstellung "Ampersand" (der englische Terminus für das "&" Zeichen) vor allem die ganz junge Künstlergeneration aus Südafrika mit Leihgaben aus Galerien und privaten Sammlungen ausgewählt wurde.

Die in Ampersand vorgestellten Werke jüngerer internationaler Künstler/innen aus der Daimler Kunst Sammlung wurden unter zwei Gesichtspunkten ausgewählt. Zum einen sollten die Werke - überwiegend Neuerwerbungen der letzten drei Jahre - den Schwerpunkt minimalistischer Tendenzen der Daimler Kunst Sammlung repräsentieren. In diesem Kontext zu lesen sind die Werke der drei jungen polnischen Künstlerinnen Natalia Stachon, Monika Sosnowska und Alicja Kwade, ebenso die im Geiste eines "Trash Minimal" gebauten Wandobjekte des New Yorker Künstlers Jim Lee und des Italieners Luca Trevisani, schließlich die Verpackungen "entsorgter" Bilder und die Handy-Filme Patrick Fabian Panettas.

Zum anderen sollten die ausgewählten Arbeiten - in Fortführung der Werke der genannten Vorläufer - im Kontext konzeptueller Strategien mit kritisch-politischer Aufladung interpretierbar werden: die Videos des Brasilianers Marcellus L., die VOID Wortskulptur Pietro Sanguinetis, die Poster-Edition Jerome Saint-Loubert Biés sowie die Arbeiten des dänischen Künstlers Lasse Schmidt Hansen. Simone Westerwinter hat unsere kuratorische Idee eines "Freundschaftsspiels" aufgegriffen und ein Kinder-Fußballtor mit einem Brautschleier "vermählt" zu einer ironisch-hintersinnigen Hommage an Männlichkeit und Fußballfieber.

Die Werke der jüngeren südafrikanischen Künstler/innen formulieren zusammen gelesen ein repräsentatives Spektrum aktueller Themen und Produktionsformen. Um Begriffe von Gender, Identität, HIV/AIDS, Sexualität und das subkutane Fortwirken der Diskriminierungen unter der Apartheid kreisen etwa die genähten Bilder von Nicolas Hlobo, die Fotoprojekte und Tierfell-Skulpturen Nandipha Mntambos, die Soundinstallation Kay Hassans, das Video Bird"s Milk von Dineo Seshee Bopape als Reflexion einer gescheiterten Liebesbeziehung, sowie die Mode-Performances und Fotoserien von Athi-Patra Ruga: er hat in der Fotoserie The Naivety of Beiruth sogenannte "Pozzer" begleitet, die sich vorsätzlich mit HIV infizieren, um in einer Art (Ruthschem) Altruismus die Erfahrung von HIV/AIDS-Kranken zu "teilen".

Explizit politische Analysen und kritische Statements charakterisieren die weiteren Werke der südafrikanischen Künstler/innen in "Ampersand": Lawrence Lemaoana greift die Manipulation der Medien und das Fortbestehen korrupter patriarchaler Strukturen unter der derzeitigen Regierung des Staatspräsidenten Jacob Zuma an, Rowan Smith rekonstruiert vergangene Utopien und Fortschrittsmodelle als Zeichen positiver Energie inmitten zerfallender gesellschaftlicher Strukturen, Lolo Veleko porträtiert in Welcome to Paradise! mit der Kamera afrikanische Flüchtlinge, die in einer Art Mimikri ihren Platz inmitten der falschen Postkartenidylle der Urlaubsinsel Gran Canaria zu finden hoffen.

Ampersand
10. Juni bis 10. Oktober 2010