Also sprach der Besitzer des goldenen Kamels

18. Dezember 2013 Rosemarie Schmitt
Bildteil

Ein Buch für Alle und Keinen, so lautet der Untertitel eines Werkes, das zwischen 1883 und 1885 geschrieben wurde. Friedrich Nietzsche war der Verfasser dieses dichterisch-philosophischen Buches, und "Also sprach Zarathustra" der Obertitel. Sie erinnern an "Du gehst zu Frauen? Vergiss die Peitsche nicht!" ? Zarathustra war Priester und quasi der persische Konfuzius seiner Zeit, indes, wann genau dessen Zeit gewesen ist, weiss wohl niemand so ganz genau. Es wird so zwischen 549 und 1800 v.Chr. gewesen sein. Der Name Zarathustra bedeutet in etwa "Besitzer des goldenen Kamels".

Nietzsche benutzte also Zarathustras Namen in seinem Werk. Wäre ich Nietzsche gewesen – nun, zum einen hätte ich mir gewünscht, ich wäre ich, und zum anderen hätte ich dieses Werk sicherlich mit anderen Gedanken bestückt und mich für den Titel "Also sprach der Besitzer des goldenen Kamels" entschieden. Obschon dieser Titel ebenso logisch als auch interessant ist, entschied sich ebenfalls Richard Georg Strauss (1864-1949) dagegen, als er 1896 seine sinfonische Dichtung, frei nach Friedrich Nietzsches "Also sprach Zarathustra" vollendete. Doch hatte R. Strauss einen Untertitel parat, der da lautete: "symphonischer Optimismus in Fin-de-Siècle-Form, dem 20. Jahrhundert gewidmet".

So also tönte für Strauss das 20. Jahrhundert. Er war seiner Zeit in der Tat voraus, denn die Zwölftonreihe, die er in der großen Fuge komponierte, erhob sein Zeitgenosse Arnold Schönberg später zu seinem Kompositionsprinzip. Er (R. Strauss!) changiert gewagt und gekonnt die Geschlechter, also die der Töne, nämlich zwischen Dur und Moll. Zarathustras Zusammenbruch, geschuldet dem Überdruss an den Menschen, stellt Strauss am Ende "Der Genesenden" mit einer eindrucksvollen Generalpause dar. Generalpause: Pause, die für alle Instrumente eines Ensembles gilt; dabei hat die Generalpause eine notierte oder verabredete Länge, es werden also weder Metrum noch Tempo verändert; die Dauer kann weniger als eine Schlagzeit, aber auch mehrere Takte umfassen. Generalpausen werden häufig als Überraschungseffekt eingesetzt, denn sie ziehen auf jeden Fall die Aufmerksamkeit des Hörers auf sich, der eigentlich einen gleichmäßigen Fluss der Musik erwartet (aus: roxikon).

Ich gönne mir an dieser Stelle keine Generalpause, sondern schreibe in gleichmäßigem Fluss weiter, möchte ich Ihnen doch noch erzählen, dass es der 27. November 1896 war, als "Also sprach Zarathustra" unter der Leitung des Komponisten in Frankfurt am Main uraufgeführt wurde. Richard Strauss war 32 Jahre alt, respektive jung (je nach Alter des Lesers), ebenso wie Gustavo Dudamel, als er dieses Werk dirigierte und mit den Berliner Philharmonikern aufgenommen hat. Und dies war im Jahre 2013.

Es gibt Kritiker, genau gesagt, las ich diese Meinung eines einzigen, der da behauptet, dass diese neue Strauss-CD genau das Programm einer legendären Karajan-Einspielung aus dem Jahr 1973 wiederholte, und er (jener Kritiker) sich fragt, was Dudamel Neues hinzuzufügen hatte. Es sei, so schreibt er, erschreckend wenig. Diese Einschätzung bestätigt meine Meinung, die ich nicht müde werde zu wiederholen, nämlich, dass Musik eine sehr sehr persönliche Angelegenheit ist, und sehr unterschiedliche Wahrnehmungen nicht nur möglich, sondern zwangsläufig obligat sind.

Ebenso wie auf der CD von Karajan, sind auf Dudamels Einspielung noch zwei weitere Werke Richard Strauss‘ zu hören. Eines davon ist "Till Eulenspiegels lustige Streiche", zu dem Strauss sagte: "Es ist mir unmöglich, ein Programm zum Eulenspiegel zu geben: In Worte gekleidet, was ich mir bei den einzelnen Teilen gedacht habe, würde sich verflucht komisch ausnehmen und vielen Anstoß erregen. Wollen wir diesmal die Leutchen selber die Nüsse aufknacken lassen, die der Schalk ihnen verabreicht?" Verraten sei, dass Strauss in seiner eigenen Partitur die Teile sehr wohl zu benennen wußte. Etwa: Wie Till geboren und drei Mal getauft wurde, Ein feiner Korb ist auch ein Korb, Grimasse von weitem.

Bei einer weiteren Komposition auf der CD "Richard Strauss - Also sprach Zarathustra – Gustavo Dudamel und die Berliner Phliharmoniker" (Deutsche Grammophon / Universal Music) handelt es sich um "Don Juan", eine symphonische Dichtung für großes Orchester. Sie entstand im Jahre 1888 und war die zweite Tondichtung (Op. 20) des damals 24-jährigen Komponisten.

Ich schneide Ihnen nun nicht a là Strauss eine Grimasse von weitem, sondern lächle Ihnen zu und wünsche eine wunderschöne, fried- und genußvolle Zeit!

Herzlichst,
Ihre Rosemarie Schmitt