Alles klar?

17. April 2013 Rosemarie Schmitt
Bildteil

Zu Lebzeiten gehörte sein Herz der Schriftstellerin George Sand. Auch wenn die beiden sich trennten, so blieben ihre Herzen doch verbunden. Chopin, der auf Erden himmlische Musik komponierte starb viele Jahre zu früh. Er wurde nur 39 Jahre alt. Er habe jahrzehntelang an den Folgen einer Tuberkulose gelitten und dies sei die Ursache seines frühen Todes. Diese Meinung vertreten die Einen.

Die Anderen sagen, er sei möglicherweise doch an Mukoviszidose gestorben. Bei den Einen sowie den Anderen handelt es sich um Ärzte und Wissenschaftler. Wenn ich vorhin erwähnte, Chopins Herz gehörte George Sand, so trifft diese Behauptung nur bedingt zu. Auf des Musikers ausdrücklichen, eigenen Wunsch, wurde zwar sein Leichnam in Paris bestattet, sein Herz jedoch wurde entnommen und nach Warschau gebracht.

Und nun komme ich auch schon zum Punkt und zum Sinn dieser Zeilen, deren Inhalt bis hier her hinlänglich bekannt sein dürfte. Also, der Punkt ist: Dieses, Frédérik Chopins Herz, wird in einer Warschauer Kirche aufbewahrt, und zwar in konservierendem Cognac. Diese Tatsache, ermöglicht den Wissenschaftlern die Ausführung verrücktester Ideen. Und eine dieser Ideen ist, anhand des konservierten Herzens, mehr als 160 Jahre nach dem Tode dieses genialen Musikers, die wahre Todesursache heraus zu finden. Eine Untersuchung ist von den Wissenschaftlern zwar geplant, in der Tasche haben sie diesen Plan jedoch noch nicht.

Wer weiß, womöglich werden sie feststellen, daß Chopins Herz gebrochen ist. Vielleicht an der Liebe zu jener Schriftstellerin, die zwar intensiv, doch keineswegs entspannt gewesen war, so schwierig und kompliziert, wie die Hauptdarsteller jener Liebesgeschichte. Chopin machte es Sand aber auch nicht leicht, ihn zu lieben. Zum Einen war er sehr kränklich und ließ sich nur allzu gerne bemuttern und bedauern, zum Anderen gehörte eine Hälfte seines Herzens der Musik – seiner Musik, aber auch der, seiner Komponisten-Kollegen.

So sind ohne Zweifel Bachs Präludien aus dem "Wohltemperierten Klavier" das Vorbild für Chopins Préludes. Weniger temperiert war wahrscheinlich die Stimmung zwischen Frédéric Chopin und George Sand, viel eher gar auf dem Tiefpunkt angekommen, während ihres gemeinsamen Aufenthaltes im Winter 1838/39 auf Mallorca. Chopin, zu jener Zeit 28, komponierte einen Teil seiner 24 Préludes op. 28, eben dort. Wer kennt sie nicht, die Prélude Nr.5 in Des-Dur, die später den Namen "Regentropfen-Prélude" erhielt.

Weshalb ich Ihnen dies alles erzähle? Weil es ein wundervolles Erleben sein kann, das Werk eines Komponisten zu hören und zu wissen, welch ein Mensch, welche Menschlichkeit, hinter dieser Musik steckt. Und während Chopins Zeit mit George Sand entstand eben jene Musik, der die Pianistin Vanessa Perez ihre aktuelle CD widmete, und die den einfachen Titel trägt: "Chopin - The complete Préludes" (TELARC/in-akustik).

Im Alter von 7 Jahren erhielt die venezuelanisch-amerikanische Pianistin ihren ersten Klavierunterricht und 1 Jahr später begann sie Konzerterfahrungen zu sammeln, wie andere Mädchen Barbie-Puppen. Als sie 17 war erhielt sie ein Stipendium, das ihr ein Studium an der Royal Academy of Music in London ermöglichte. Die Menge der Preise, die Perez bis dato für ihr Klavierspiel erhielt, ist kaum noch zu überblicken. Wer bereits Aufnahmen des Labels TELARC hat, weiß die herausragende Tonqualität zu schätzen, und wer ein Liebhaber technischer Brillanz, perfekter Tempi, ungeheurer Klarheit mit einem Schuß Finesse ist, wird diese Interpretation von Chopins Préludes lieben. Als Frédérik Chopin jene Stücke komponierte, war er etwa im gleichen Alter wie nun Vanessa Perez.

Doch bin ich sicher, daß Chopins Klavierspiel mit 28, unter erwähnten Lebensumständen, nicht annähernd so perfekt, nicht ansatzweise so selbstbeherrscht gewesen ist, er seine Gefühle nicht in diesem Maße zu lenken wusste, wie jene junge Pianistin heute. Aber Vanessa Perez und ihre Art seine Préludes zu spielen, hätten ihm gewiß imponiert.

Herzlichst,
Ihre Rosemarie Schmitt