Aktuelle Kommentare zu den 7 Todsünden

Die Kunsthalle Krems versammelt für die Ausstellung „7 Todsünden. Aktuelle Kommentare“ internationale und österreichische bildende Künstler:innen und Autor:innen. Ihre Beiträge zu den sieben Todsünden Stolz, Habgier, Wollust, Zorn, Völlerei, Neid und Trägheit setzen sich überkonfessionell mit gesellschaftsrelevanten Themen auseinander. Für ein Zusammenleben in einer vielfältigen Gemeinschaft sind Konstrukte wie die sieben Todsünden immer noch aktuell, weil sie allgemein und plakativ menschliche sowie existenzielle Fragestellungen beinhalten.

Die 13 eingeladenen Künstler:innen gingen frei und assoziativ an das Thema heran. Es war ihnen überlassen, sich entsprechend ihrer Interessen mit einer oder mehreren Todsünden künstlerisch auseinanderzusetzen. Einzig der Film „Sieben Frauen – Sieben Sünden“ von Ulrike Ottinger über den Stolz aus dem Jahr 1986 wurde ganz bewusst von Kurator Andreas Hoffer als historischer Beitrag für die Ausstellung ausgewählt.

Einige Künstler:innen schufen neue Werke für die Ausstellung, wie etwa Jonathan Meese mit einer malerischen Reflexion über den Zorn: Seine Bildwelten sind üppig beladen und ein rasender Rausch der Sinne. Nedko Solakov betrachtet die sieben Sünden in seinen Zeichnungen aus der Ferne und verwandelt sie zu abstrakten Bildnissen. Herta Müller wählte 14 Werke aus ihren sensiblen Bildgedichten und ordnete sie als narrative Collagen den Todsünden zu. Dan Perjovschi zeichnet in der zentralen Halle in situ seine Reflexionen zu den sieben Sünden und ihrer aktuellen gesellschaftlichen Relevanz. Als Einführung in die Schau liefert er eine Fülle an Ideen und Assoziationen.

Vier Künstler:innen griffen auf Arbeiten aus ihrem bisherigen Schaffen zurück. Durch die Thematik der sieben Todsünden bekommen diese eine neue Bedeutungsebene. Nathalie Djurberg und Hans Berg präsentieren ihren bildgewaltigen Film „How to Slay a Demon“ und setzen ihn mit der Völlerei in Verbindung. Teresa Margolles inszeniert eine Luxusrobe wie in einem Haute-Couture-Salon. Die Ärmel sind mit funkelnden Glassplittern von Autoscheiben bedeckt, durch die Menschen erschossen wurden. Damit thematisiert sie die Habgier und den eigenen Zorn über gesellschaftliche Zustände. Christa Biedermann setzt sich in ihren Werken performativ und filmisch mit feministischen Vorbildern der 1920er- und 1970er-Jahre auseinander und wendet sich gegen die moralischen Vorstellungen von Gesellschaft und Kirche. Ihre Arbeit ist eine Umdeutung der Sünde Wollust, oder vielmehr eine feministische Ermächtigung dazu.

Junge internationale Künstler:innen Die Künstlerin Èv van Hettmer malt in grellen Tableaus ihr subjektives Empfinden von Weiblichkeit. In ihren sinnlichen Text-Gemälden verwebt sie Wollust und Neid mit feministischen Gedankenspielen. Ádám Dallos malt expressiv-feurige Hybride von nackten Männern und Animalischem. Rob Frogoso zeigt uns selbstreflektierende Blicke auf das Thema und damit zugleich selbstbewusste Statements gegen einengende und ausschließende Moralbegriffe. Die skulpturalen Arbeiten der jungen Künstlerin Julia Belova sind eine bizarre Interpretation barocker Formen und gleichzeitig ein lustvoll-sinnlicher Affront gegen die zur Sünde gemachte Lust.

Sieben Autor:innen, unter anderem internationale Größen wie Juri Andruchowytsch oder Michael Stavaric, verfassten literarische Texte zu jeder Sünde. Ihre Beiträge zeugen von der Diversität der Zugänge und der beeindruckenden Kraft von Sprache. Sie sind auch als Audiobeiträge in der Ausstellung zu hören. Der letzte Raum der Ausstellung ist ein ruhiger Ort der Besinnung. In diesem „Gedankenraum“ können Besucher:innen die Eindrücke der künstlerischen und textlichen Arbeiten wirken lassen und über die Thematik der sieben Todsünden reflektieren.

Als besonderen Querverweis zur Ausstellung in der Kunsthalle Krems präsentiert das Karikaturmuseum Krems „Die sieben Todsünden“ von Manfred Deix. Der Zyklus, der selten komplett gezeigt wird, gilt als Schlüsselwerk des Künstlers und ist nichts für zarte Gemüter. Schonungslos blickt Deix in menschliche Abgründe und entlarvt dabei gnadenlos die Scheinheiligkeit unserer Gesellschaft.

Mit Julia Belova, Christa Biedermann, Ádám Dallos, Nathalie Djurberg & Hans Berg, Rob Frogoso, Èv van Hettmer, Teresa Margolles, Jonathan Meese, Herta Müller, Ulrike Ottinger, Dan Perjovschi, Nedko Solakov Autor:innen: Juri Andruchowytsch, Noémi Kiss, Ana Marwan, Verena Stauffer, Michael Stavaric, Katharina Tiwald und Alexander Urosevic.

7 Todsünden. Aktuelle Kommentare
Kurator: Andreas Hoffer
Bis 1. April 2024