52. Solothurner Filmtage

Mit 179 kurzen und langen Schweizer Filmen bieten die Solothurner Filmtage vom 19. bis 26. Januar 2017 wieder einen Überblick über das aktuelle eidgenössische Filmschaffen. Der Blick geht dabei vielfach weit über die Grenzen des Landes hinaus.

Eröffnet werden die 52. Solothurner Filmtage mit Petra Volpes "Die göttliche Ordnung". Gespannt darf man sein, was der Regisseurin nach ihrem großartigen Spielfilmdebüt "Traumland" mit dieser Komödie über die Einführung des Frauenwahlrechts in der Schweiz im Jahre 1971 gelungen ist.

Neben "Die göttliche Ordnung" konkurrieren neun weitere Filme um den mit 60.000 Schweizer Franken dotierten "Prix de Soleure". Wie schon im letzten Jahr dominieren dabei auch heuer die Dokumentarfilme. Neben Volpes Komödie findet sich mit Elene Naverianis Debüt "I am Truly a Drop of Sun on Earth" hier nur ein weiterer Spielfilm.

Während Volpe aber auf die Schweiz blickt, entführt Naveriani den Zuschauer in die georgische Hauptstadt Tiflis und erzählt von der Liebe zwischen einer Prostituierten und einem nigerianischen Migranten. Dieser Blick auf andere Länder kennzeichnet auch mehrere Dokumentarfilme.

So legt Heidi Specogna mit "Cahier africain" eine Langzeitbeobachtung des Flüchtlingselends in der vom Bürgerkrieg erschütterten Zentralafrikanischen Republik vor. Mehdi Sahebi begleitet in "Mirr" eine Familie im Nordosten Kambodschas, die vom Plantagenbesitzer von ihrem Feld vertrieben wird, während Christophe M. Saber in "La vallée du sel" am Beispiel eines jungen Filmschaffenden Einblick in die gesellschaftlichen Spannungen in Ägypten bietet.

Jacqueline Zünd porträtiert in "Almost There" drei ältere Männer in Kalifornien, England und Tokio, die nochmals einen Neubeginn wagen und zu sich finden wollen und die Kanda-Schweizerin Léa Pool macht mit "Double peine" die Situation von Kindern weiblicher Häftlinge bewusst.

Dieser Blick in die Ferne, der diese Filme bestimmt, wird mit dem historischen Spezialprogramm "Reisen ins Landesäußere" fortgesetzt. Der Bogen spannt sich hier von Günther Oskar Dyhrenfurths 1931 entstandenem Dokumentarfilm "Der weiße Tod im Himalaya" über Henry Brandts Reise zu einem Stamm im Niger in "Les nomades du soleil" (1954/1987) bis zu "Ella Maillart – Double Journey" (2015). Darin zeichnen Mariann Lewinsky und Antonio Bigini mit Auszügen aus Briefen und Filmaufnahmen von Ella Maillart die Reise nach Indien nach, zu der diese Pionierin 1939 mit Annemarie Schwarzenbach aufbrach.

Während im Wettbewerb um den "Prix de Soleure" von seiner Ausrichtung her gesellschaftspolitisch aktuelle Filme, die den Zuschauer auch fordern, gezeigt werden, konkurrieren um den mit 20.000 Franken dotierten "Prix du Public" auch leichtere Spielfilme.

Jann Preuss zeigt hier mit "Der Frosch" eine Komödie über Depressionen, während in Micha Lewinskys "Lotto" ein Mann die Lebensgeister seines todkranken Vaters nochmals wecken will, indem er einen Lottogewinn erfindet. Eine politisch unkorrekte Integrationskomödie fehlt mit Martin Guggisbergs "Usgrächnet Gähwilers" ebenso wenig wie mit Alice Schmids Dokumentarfilm "Das Mädchen vom Änzliloch" das Porträt eines 12-jährigen Bauernmädchens, das den Sommer in einer abgelegenen Schweizer Bergregion verbringt.

Auch in dieser Programmschiene fehlt aber der Blick in die Ferne nicht. So spielt Fulvio Bernasconis Spielfilm "Miséricorde" in einem kanadischen Indianerreservat und Benoît Lange und Pierre-Antoine Hiroz porträtieren in "Docteur Jack" einen Briten, der von Manchester nach Kalkutta zog, um auf den Straßen der bengalischen Metropole als Arzt Leben zu retten.

Bunt gemischt präsentiert sich diese elf Filme – davon fünf als Weltpremiere - umfassende Programmschiene. Sie bietet mit Lisa Brühlmanns, Yasmin Joergs, Jan-Eric Macks, Wendy Pillonels und Luca Riblers "Peripherie" ebenso einen episodischen Spielfilm um Wendepunkte im Leben der Protagonisten wie mit Martina Rieders und Karoline Arns "Unerhört Jenisch" einen Dokumentarfilm über die unbekannte Musiktradition der Jenischen, aber auch über Diskriminierung und Verfolgung.

Das Herzstück der Werkschau stellt die Sektion "Panorama Schweiz" dar, die einen Jahresrückblick auf Schweizer Produktionen aller Genres und Längen zeigt, aber auch neue Filme präsentiert. Hier kann man mit Pasquale Plastinos und Stéphane Riethausers "Garten der Sterne" ein Porträt des Berliner Friedhofs sehen, auf dem die Gebrüder Grimm begraben sind, oder in Nicholas Greinachers Debüt "Maximilian" dem berühmtesten hochbegabten Kind der Schweiz durch seinen Alltag folgen.

Die Programmschiene "Rencontre" bietet Einblick in die Arbeit des Toningenieurs und Sound-Designers Francois Musy, dazu kommen Spezialveranstaltungen zur Filmbildung und die Präsentation von Virtual-Reality-Projekten, bei denen man eine 360° Erfahrung machen kann.

Neben dem "Prix de Soleure" und dem "Prix du Public" werden zahlreiche weitere Preise vergeben, darunter auch wiederum der "Prix Pathé" für herausragende filmjournalistische Arbeiten. Heuer geht der mit 10.000 Franken dotierte Preis in der Kategorie "Grand Prix" an Simon Spiegel für seinen im "Filmbulletin", Nr. 4/2016 unter dem Titel "Die Dramaturgie des Realen" erschienenen Essay zum Film "Elektroboy".

In der Kategorie "Tout court" wird Rafael Wolf für seine auf Twitter (15.9. 2016) erschienene Kritik von Jacob Bergers Films "Un juif pour l’exemple" ausgezeichnet.

Trailer zu den 52. Solothurner Filmtagen