48. Solothurner Filmtage

Ende Januar bieten die Solothurner Filmtage (24. - 31.1.2013) wiederum einen Überblick über das aktuelle Schweizer Filmschaffen. Auf dem Programm stehen dabei auch die Premieren von rund 30 langen Spiel- und Dokumentarfilmen.

68 lange Spiel- und Dokumentarfilme sowie 92 Kurzfilme und 19 Musikclips wurden aus 600 Filmeinreichungen für das "Panorama Schweiz" ausgewählt. Neben Filmen, die schon in den Schweizer Kinos liefen wie Ursula Meiers "Sister – L´enfant d´en haut", Christoph Schaubs "Nachtlärm", Manuel von Stürlers "Hiver Nomade" oder Markus Imhofs "More than Honey" finden sich darunter auch 30 Premieren.

Eröffnet werden die 48. Solothurner Filmtage mit der Premiere von Marcel Gislers "Rosie". Der Ostschweizer erzählt in seinem ersten Spielfilm seit 14 Jahren von einem schwulen Schriftsteller, der aus Berlin in die Schweiz zurückkehrt, um sich um seine pflegebedürftige Mutter zu kümmern. Das Ensemblemitglied des Wiener Burgtheaters Fabian Krüger ist in Solothurn nicht nur in diesem Film, sondern auch in Werner Schweizers "Verliebte Feinde" in einer Hauptrolle zu sehen. Schweizers mit Spannung erwarteter Spielfilm handelt von der Schweizer Feministin Iris von Roten (1917-1990) und ihrem katholisch-konservativen Gatten (Fabian Krüger).

Wie "Verliebte Feinde" sind auch die neuen Filme von Peter Luisi und Séverine Cornamusaz für den mit 20.000 Franken dotierten "Prix du public" nominiert. Luisi ("Ein Sommersandtraum") erzählt in "Boys Are Us" von zwei Schwestern, die sich für die Untreue der Jungs rächen wollen. Cornamusaz lässt auf ihr raues, mit dem Schweizer Filmpreis ausgezeichnetes Drama "Coeur Animal" mit "Cyanure" die Geschichte eines 13-Jährigen folgen, der nach der Haftentlassung seines Vaters auf eine Wiedervereinigung der Familie hofft.

Weitere Spielfilme in der Konkurrenz um den "Prix du public" sind unter anderem Tobias Ineichens Familienfilm "Clara und das Geheimnis der Bären", "Halb so wild", in dem Jeshua Dreyfus bei jungen Erwachsenen durch ein "Wahrheitsspiel" alte Wunden aufbrechen lässt sowie Silvio Soldinis neuer Film "Il comandante e la cigogna". Der Italo-Schweizer Soldini ist Ehrengast bei den heurigen Filmtagen. Ihm ist das "Rencontre" gewidmet, in dessen Rahmen nicht nur seine zehn Spielfilme, sondern auch drei seiner Kurzfilme und drei Dokumentarfilme gezeigt werden.

Gewohnt stark vertreten sind in Solothurn die Dokumentarfilme. Mano Khalil, dessen "Unser Garten Erde" auf viel Beachtung stieß, porträtiert in "Der Imker" einen in die Schweiz emigrierten Kurden, der außer seinen Bienen und seinem unerschütterlichen Vertrauen in die Freundschaft und die Menschlichkeit fast alles verloren hat. Khalils Film läuft ebenso im Wettbewerb um den mit 60.000 Franken dotierten Wettbewerb um den "Prix de Soleure" wie Dieter Fahrers "Thorberg", eine Erkundung der Hafbedingungen im Gefängnis Thorberg, das auch als "Alcatraz der Schweiz" gilt. Außer Gislers "Rosie" und "Tutto parla di te", in dem Alina Marazzi von zwei Frauen erzählt, die an einer postnatalen Depression leiden, finden sich nur Dokumentarfilme in der Konkurrenz um den "Prix de Soleure".

Entsprechend der Vorgabe, dass der ausgezeichnete Film sich durch einen ausgeprägten Humanismus auszeichnen sollte, handelt es sich dabei um Filme, die sich mit aktuellen gesellschaftlichen Problemen auseinandersetzen. Der Bogen spannt sich vom Widerstand gegen diktatorische Regimes ("Forbidden Voices" von Barbara Miller) über den Umgang mit dem Älterwerden ("Von heute auf morgen" von Frank Matter) bis zur Schweizer Entwicklungshilfe in Ruanda und den Behinderungen, denen sie ausgesetzt ist ("Wir kamen um zu helfen" von Thomas Isler).

Die Programmschiene "Fokus" widmet sich dem radikalen Kino und zeigt mit Filmen unter anderem von Thomas Imbach ("Lenz", "Happiness is a warm Gun"), Carlos Reygadas ("Japon", "Post tenebras lux") und Athina Rachel Tsangari ("Attenberg", "The Capsule"), dass Kino auch noch im 21. Jahrhundert provozieren kann. Einige der Regisseure werden persönlich anwesend sein und mit Leuten aus der Filmbranche und dem Publikum über die Lust am Provozieren und darüber, was heute überhaupt noch radikal ist, diskutieren.

Eine weitere Programmschiene blickt auf die Schweizer Filmgeschichte, zeigt einerseits unter dem Titel "Ein erster Schritt in Richtung Farbe" restaurierte frühe Schweizer Farbfilme und bietet andererseits unter dem Titel "Nackte Haut im Schweizer Film" anhand von Filmbeispielen der letzten 60 Jahren Einblick in die Darstellung von Nacktheit im Schweizer Film.

Abgerundet wird das Programm der Filmtage wie gewohnt durch zahlreiche Rahmenveranstaltungen wie Vorträge, Podiumsdiskussionen und Ausstellungen wie zum Beispiel eine intermediale Installation anlässlich des 80. Geburtstags und 10. Todestags von Stephan Portmann, einem Gründungsmitglieds der Solothurner Filmtage.