22. IFFI: Paul Leduc, Georgien und die Länder des Südens

Vom 28. Mai bis 2. Juni dreht sich filmisch in der Alpenstadt Innsbruck bei der 22. Auflage des Internationalen Film Festivals wieder alles um die Länder des Südens. Acht Filme konkurrieren im Wettbewerb um den mit 5000 Euro dotierten Filmpreis des Landes Tirol, auch ein Dokumentarfilmpreis wird vergeben, den Ehrenpreis des Festivals erhält der Mexikaner Paul Leduc und an den Griechen Theo Angelopoulos und die Glanzzeit des georgischen Filmschaffens wird mit kleinen Reihen erinnert.

Spektakuläres darf man vom Eröffnungsfilm des heurigen Internationalen Film Festivals Innsbruck erwarten, dessen Titel nicht bekannt gegeben wird. Bekannt ist allerdings, dass ein 70mm-Film von Otto Preminger, dem Namensgeber des Vereins, der in Innsbrucker Leokino und Cinematograph betreibt, gezeigt wird. Ein großartiges Filmerlebnis ist auf jeden Fall zu erwarten, das freilich in seltsamem Widerspruch zur Gründung und dem Fokus des Festivals steht.

Ausgerechnet am publikumsträchtigen und medienwirksamen Eröffnungstermin zeigt damit nämlich ein Festival, das 1992 im Zuge der "500-Jahr-Feiern der Entdeckung Amerikas" als "Americafestival" mit dem Ziel gegründet wurde, dem lateinamerikanischen Filmschaffen eine Plattform zu bieten, eine große US-amerikanische Produktion. Dass Preminger in seinem Film womöglich einen Konflikt des Südens thematisiert oder die Rollen für die Entstehungszeit revolutionär besetzte, ändert an diesem Widerspruch nur wenig.

Im Spielfilmwettbewerb geben dann aber doch die Länder des Südens den Ton an. Ein Grenzfall ist freilich, die zwischen Deutschland und Argentinien pendelnde Jeanine Meerapfel, die ein Stammgast in Innsbruck ist und letztes Jahr mit dem Ehrenpreis des Festivals ausgezeichnet wurde. Im autobiographischen "El amigo alemán" erzählt Meerapfel von einer jungen Frau mit jüdischen Eltern und dem Sohn eines Nazis, die beide im Argentinien der 1950er Jahre aufwachsen und sich dann während eines Aufenthalts in Deutschland wieder begegnen.

Ein weiterer Regisseur, der schon mit dem Ehrenpreis des IFFI ausgezeichnet wurde, ist der Kubaner Daniel Diaz Torres. Im Mittelpunkt seines Wettbewerbsbeitrags "La pelicula de Ana" steht eine schlecht bezahlte kubanische Fernsehdarstellerin, die ihre Chance gekommen sieht, als ein österreichisches Team eine Dokumentation über die Prostitution auf der Insel drehen will.

Vom Traum einer Karriere als Schauspieler erzählt auch der Kenianer David "Tosh" Kitonga in dem von Tom Tykwer produzierten "Nairobi Half Life". Handelt es sich dabei um ein Debüt, so gehört der Senegalese Moussa Touré, dessen Roadmovie "TGV" auch den Weg in die Kinos der deutschsprachigen Ländern fand, zweifellos zu den arrivierten Regisseuren Afrikas. In "La pirogue" erzählt Touré wieder von einer Gruppe, die gemeinsam unterwegs ist – dieses Mal dürfte der Ton freilich ernster sein, denn es geht um Afrikaner, die versuchen mit einem Boot nach Europa zu fliehen.

Neben dem türkischen Film "Inside", in dem Zeki Demirkubuz Dostojweskis "Aufzeichnungen aus dem Kellerloch" ins Ankara der Gegenwart überträgt, und Michaela Kezeles im Kosovokrieg der 1990er Jahre spielendem "Die Brücke von Ibar" sind im Wettbewerb – wie gewohnt in Innsbruck - die ehemaligen Sowjetrepubliken stark vertreten. Mit Erkyn Salievs "Princess Nazhik" läuft ein kirgisischer Film ebenso im Wettbewerb wie mit Rusudan Chkonias "Keep Smiling" eine georgische Tragikomödie über einen Schönheitswettbewerb für Mütter.

Georgien ist zudem eine Filmreihe gewidmet, die mit vier Filmen aus den 1960er und 1970er Jahren an die große Zeit der Filmkunst dieses Landes erinnert, daneben ist der Kaukasus-Staat aber auch noch mit Rusudan Pirvellis "Susa" vertreten, der im Wettbewerb um den "Südwind-Filmpreis" gezeigt wird.

Die Zersplitterung in allzu viele Programmschienen scheint heuer etwas zurückgenommen, auch wenn neben Spielfilm-, Dokumentarfilm- und Südwind-Filmpreis "Specials" und ein Kuba-Schwerpunkt nicht fehlen. Nicht übersehen sollte man diese Sektionen, denn mit dem ersten saudiarabischen Film "Wadjda" (Südwind-Filmpreis), in dem ein zehnjähriges Mädchen hartnäckig darum kämpft ein Fahrrad zu bekommen, oder mit "Una noche" (Kuba-Schwerpunkt), in dem Lucy Mulloy von einer Flucht von Kuba nach Miami erzählt, sind hier äußerst beachtliche Filme zu sehen.

Noch stärker gilt das freilich für die Filmreihe zu Theo Angelopoulos, auch wenn diese mit fünf Filmen eher schmal ausgefallen ist, und für den Mexikaner Paul Leduc, der heuer mit dem Ehrenpreis des Festivals ausgezeichnet wird. Aus diesem Anlass wird nicht nur Leducs faszinierender Film über Frida Kahlo ("Frida"), sondern auch "Barroco" und "Reed" gezeigt. Kontrastprogramm zu diesen ästhetisch avancierten Filmen bietet in diesem bunten Programm wiederum im Kuba-Schwerpunkt Alejandro Brugués´ Zombiefilm "Juan de los muertos".

Trailer zu Paul Leducs "Frida"