18. ZFF: Goldene Augen für Filme aus der Schweiz, Kolumbien und USA

Im Rahmen der Award Night wurden gestern Abend im Opernhaus Zürich die Preise des 18. Zurich Film Festivals (ZFF) verliehen. In drei Wettbewerbskategorien wurden die Hauptpreise des Festivals vergeben: Ein Goldenes Auge geht jeweils an die Filme "Cascadeuses" von Elena Avdija, "Los Reyes del Mundo" von Laura Mora Ortega sowie "Sam Now" von Reed Harkness.

Der in drei Kategorien gegliederte Wettbewerb bildet das Herzstück des im Jahresrhythmus ausgetragenen Filmfestivals. Darin präsentiert das ZFF Filme von vielversprechenden Filmemacherinnen und Filmemachern, die mit ihrer ersten, zweiten oder dritten Regiearbeit um die Hauptpreise konkurrieren: die mit 25‘000 Franken dotierten Goldenen Augen. Bei allen Wettbewerbsfilmen handelt es sich um Welt-, Europa- oder Schweizer Premieren. Neben diesen drei Hauptkategorien wurden zahlreiche weitere Preise vergeben, darunter der Preis der ZFF Kinderjury und der Publikumspreis (Audience Award).

Christan Jungen, Artistic Director des ZFF erklärte in seiner Rede: "Erfreulich sind die stark steigenden Eintrittszahlen bei den Wettbewerbsfilmen. Das zeigt, dass das Publikum neugierig ist und Lust hat, neue Talente zu entdecken. Es zeigt, dass das Autorenkino lebt."

Fokus Wettbewerb: "Cascadeuses":
Im "Fokus Wettbewerb" stehen Filme aus der Schweiz, Deutschland und Österreich im Fokus, von denen in diesem Jahr "Cascadeuses" von Elena Avdija mit dem Goldenen Auge geehrt wird. Im Blickpunkt dieses Film stehen Stuntfrauen. Sie werden von Autos angefahren, springen 70 Meter in die Tiefe und müssen so manch harten Schlag einstecken. Für die professionellen Stuntfrauen Virginie, Petra und Estelle gehört das zum Arbeitsalltag. Um körperlich fordernde Szenen für Film und Fernsehen auszuführen, absolvieren sie tagtäglich ein hartes Training. Doch in der männlich dominierten Filmindustrie sind stereotype Darstellungen von verletzlichen Frauen auf der Leinwand nach wie vor verbreitet, und selbst Stuntfrauen finden sich oft in Rollen weiblicher Opfer wieder, während männliche Kollegen Täter oder Helden verkörpern. Die Filmemacherin Elena Avdija beleuchtet in ihrem Erstlingswerk ein spannendes und knallhartes Business, in dem die Akteurinnen zu oft im Schatten bleiben.

Die Jury des "Fokus Wettbewerbs" begründet die Vergabe des Goldenen Auges an "Cascadeuses" mit der hervorragenden Regie und starken Kameraführung, für das feine Gespür für den filmischen Rhythmus und den Respekt vor seinen Figuren zu. "Der Film gibt uns einen unsentimentalen Einblick in eine Welt, die wir selten zu sehen bekommen. Wir können es kaum erwarten, zu sehen, was Elena Avdija als nächstes tun wird!", so die Jury.

Eine besondere Erwähnung in dieser Sparte gab es für "Foudre" von Carmen Jaquier.

Spielfilm Wettbewerb: "Los Reyes del Mundo":
Das Goldene Auge für den besten Spielfilm ging an "Los Reyes del Mundo" von Laura Mora Ortega.
In diesem Film lebt der junge Rá mit seinen Freunden Culebro, Sere, Winny und Nano auf den Strassen Medellins. Doch Hoffnung ist in Sicht für die Bande: Die Regierung hat Rá das Recht an einem Stück Land zugesprochen, von dem seine Familie einst wie Tausende andere Kolumbianer von den Paramilitärs vertrieben worden ist. So macht sich das Rudel auf den gefährlichen Weg ins kolumbianische Hinterland. Es ist der Beginn einer aufregenden Reise zwischen Abenteuer und Delirium. Regisseurin Laura Mora setzt die kolumbianische Natur eindrücklich in Szene und erzählt in atemberaubenden Bildern und mystischen Traumsequenzen von der Suche fünf streunender Taugenichtse nach Glück und Gerechtigkeit.

Die Jury lobt diesen Film speziell wegen "seinen unvergesslichen Bildern und Szenen". Und weiters: "'Los Reyes del Mundo' ist ein sorgfältig ausgearbeiteter Film, der uns das Leben der jungen Protagonisten nahelegt, die für Freiheit und Würde kämpfen. Die lyrische Filmsprache verleiht der rauen Realität eine metaphysische Dimension. Es ist eine wichtige und kraftvolle Geschichte über die Ausgegrenzten in der Gesellschaft."

Eine besondere Erwähnungen in dieser Kategorie erhielt "War Pony" von Gina Gammell und Riley Keough sowie "Until Tomorrow/ Ta Farda" von Ali Asgari.

Dokumentarfilm Wettbewerb: "Sam Now":
Das Goldene Auge im "Dokumentarfilm Wettbewerb" wurde an "Sam Now" von von Reed Harkness verliehen.
Die Halbbrüder Sam und Reed haben schon immer zusammen Filme gedreht. Auch damals, als Sam 14 Jahre alt ist und seine Mutter eines Tages, ohne irgendeine Erklärung zu hinterlassen, die Familie verlässt. Während sich Vater, Grossmutter und Tanten jahrelang über das Geschehene ausschweigen und Bruder Jared den Antrieb im Leben verliert, scheint Sam keine Schmerzen davonzutragen. Bis ihm Reed vorschlägt, seine Mutter zu suchen. Was folgt, ist ein Roadtrip durch Washington, Oregon und Kalifornien – der Beginn einer emotionalen Achterbahnfahrt. Anhand von eigenen Super-8-Aufnahmen und Homevideos aus dem reichhaltigen Familienarchiv erzählt Filmemacher Reed Harkness mit feinem Humor von den Wunden der Trennung und der Kraft der Versöhnung.

Für die Jury sei diese Film das Beste, was das Kino zu bieten hat, heisst es in der Begründung zur Verleihung eines Goldenen Auges. Er nehme den Zuschauer mit auf eine Reise der Selbstbeobachtung und das Hinterfragen des menschlichen Lebens und Beziehungen. "In unserer verrückten und kollabierenden Welt ist die Fähigkeit, den anderen zu verstehen, zu akzeptieren und ihm die Hand zu reichen, sicherlich entscheidend. Wir danken diesen wunderbaren Filmemachern und ihrer Familie für ihren Mut, ihren Weg des Schmerzes und des Heilens mit uns zu teilen," hält die Jury dazu fest.

Besondere Erwähnungen in dieser Sparte fanden "The new Greatness Case" von Anna Shishova und "The Killing of a Journalist" von Matt Sarnecki.

Zudem prämiert wurden am 18. Zurich Film Festival:
Emerging Swiss Talent Award (Kritikerpreis): "Foudre" von Carmen Jaquier
ZFF für Kinder – Jurypreis: "Lucy ist jetzt Gangster" von Till Endemann
ZFF für Kinder – Publikumspreis: "My Robot Broher" von Fredrik Meldal Nørgaard
Publikumspreis (Audience Award): "Becoming Giulia" von Laura Kaehr
Science Film Award: "The Territory" von Alex Pritz
Filmpreis der Zürcher Kirchen: "Foudre" von Carmen Jaquier
Beste internationale Filmmusik: Robert IJserinkhuijsen

Ehrenpreise:
A Tribute to ... Award: Luca Guadagnino
Golden Icon Award: Sir Ben Kingsley
Career Achievement Award: Rachel Portman
Golden Eye Award: Charlotte Gainsbourg
Golden Eye Award: Eddie Redmayne
Game Changer Award: Michael Barker und Tom Bernard

Über das Zurich Film Festival:
Das Zurich Film Festival (ZFF) ist das grösste Herbst-Filmfestival im deutschsprachigen Raum und präsentiert jeden Herbst während 11 Tagen die schönsten Entdeckungen sowie die meist erwarteten Filme des Jahres. Es fördert den Austausch zwischen aufstrebenden Regisseurinnen und Regisseuren, arrivierten Filmschaffenden, der Filmindustrie und dem Publikum. Das ZFF verzeichnete in der letztjährigen Ausgabe 102‘000 Besucherinnen und Besucher und zog tausende akkreditierte Film- und Medienschaffende aus aller Welt an.
Die 18. Ausgabe fand vom 22. September bis 2. Oktober 2022 statt.
Weitere Infos: Zurich Film Festival | ZFF Industry